Nachstehend foglt das offizielle Wahlprogramm der FDP Thüringen:

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THÜRINGEN GERECHT

Wahlprogramm der FDP Thüringen für die Landtagswahl am 30. August 2009

Inhaltsverzeichnis

1 Präambel
1.1 Thüringengerecht
1.2 Chancen für Thüringen
1.3 Herausforderungen in Thüringen
1.4 Zukunft für Thüringen

2 Bildung
2.1 Frühkindliche Bildung
2.2 Schule
2.3 Berufsausbildung
2.4 Hochschulen

3 Wirtschaft
3.1 Mit der Sozialen Marktwirtschaft gegen die Krise
3.2 Wohlstand braucht Markt und Wettbewerb – Wettbewerb braucht Regeln
3.3 Mittelstand und Wirtschaft in Thüringen
3.4 Wirtschaftsförderung mit klarem Auftrag und klaren Strukturen
3.5 Energiepolitik
3.6 Forschungs- und Technologiepolitik
3.7 Verkehrspolitik
3.8 Landwirtschaft, Forsten, Ländlicher Raum
3.9 Bau und Infrastruktur - Entwicklung unterstützen statt behindern

4 Steuern, Finanzen und Haushalt
4.1 Leistungsgerechtes Bürgergeld
4.2 Gerechte Steuer – verständliche Regeln und ein einfacher Stufentarif
4.3 Gerechte Steuern für Unternehmen
4.4 Haushaltskonsolidierung und Finanzverwaltung

5 Kultur und Medien
5.1 Kultur mit internationalem Anspruch
5.2 Denkmalschutz
5.3 Medien

6 Gesundheit, Familie und Sozialpolitik
6.1 Thüringengerechte Gesundheitspolitik
6.2 Kinderlärm ist Zukunftsmusik – Thüringengerechte Familienpolitik
6.3 Gleichstellung
6.4 Förderung des Ehrenamts
6.5 Thüringengerechte Seniorenpolitik

7 Kommunale Selbstverwaltung
7.1 Für Thüringengerechte Kommunen
7.2 Freiwillige Feuerwehren
7.3 Kommunale Finanzen

8 Umwelt- und Naturschutz
9 Staat, Verwaltung und Justiz
9.1 Thüringengerechte Innenpolitik
9.2 Thüringengerechte Verwaltung
9.3 Effektiver Rechtsschutz durch eine starke und unabhängige Justiz

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1 Präambel
Am 30. August 2009 wählen die Thüringerinnen und Thüringer einen neuen Landtag.
In den 20 Jahren seit der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes hat sich Thüringen positiv
entwickelt. Diese Entwicklung ist auch ein Verdienst liberaler Politikerinnen und Politiker – im
Land, in den Kreisen und in den Städten und Dörfern. Insbesondere in den ersten Jahren nach
der Neugründung des Landes wurden grundlegende Richtungsentscheidungen getroffen, die
diese Jahre zu den erfolgreichsten der Thüringer Geschichte werden ließen und bis heute
nachwirken. An diese Erfolge liberaler Landespolitik wird die FDP Thüringen anknüpfen.
Wir erkennen aber, dass es noch zahlreiche Defizite, Probleme und Schwierigkeiten in Thüringen
gibt. Politische Entscheidungen in den letzten Jahren wurden falsch oder gar nicht getroffen –
Prioritäten falsch gesetzt.
Das Ergebnis der Landtagswahl wird die Richtung unseres Freistaates für die nächsten 20 Jahre
bestimmen. Es geht nicht nur um eine Legislatur, es geht um die grundsätzliche Entwicklung
unserer Heimat. Thüringen steht vor einer Zeit großer Herausforderungen. Die derzeitige Krise
ist dabei nur der Ausgangspunkt. Die Fördermittel des EU und des Bundes für Thüringen
werden in den nächsten Jahren dramatisch abnehmen, der Landeshaushalt ist extrem
konjunkturabhängig, der demographie- und abwanderungsbedingte Bevölkerungsschwund wirkt
sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus. Thüringen steht vor großen Herausforderungen und
hat zugleich große Zukunftschancen. Die Landtagswahl ist eine Richtungswahl für unsere
Zukunft.
Die FDP steht für klare und zielorientierte Politik, ohne Experimente, ohne Abenteuer und ohne
undurchdachte Reformen.
Wir Thüringer Liberale sind stolz auf unser Land und die Leistungen seiner Menschen. Wir
Thüringer Liberale werden uns den Herausforderungen stellen, wir werden sie – gemeinsam mit
den Bürgerinnen und Bürgern – bewältigen.
1.1 Thüringengerecht
Liberale Politik für die Menschen in Thüringen ist eine Politik, die dem Land und seinen
Menschen gerecht wird, es ist Thüringengerechte Politik.
Thüringengerechte Politik bedeutet, dass Menschen für ihre Leistungen belohnt werden, dass
Leistung sich lohnt. Sie sorgt für Leistungsgerechtigkeit.
Es ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit, dass wir die Leistung der Menschen in unserem
Land anerkennen. Wer arbeiten geht, muss vom Lohn seiner Arbeit sich und seine Familie
ernähren können.
Thüringengerechte Politik sorgt dafür, dass Menschen gleiche Chancen bekommen und diese
nutzen können. Sie sorgt für Chancengerechtigkeit.
Es ist eine Frage der Chancengerechtigkeit, dass wir allen Kindern in Thüringen den Zugang zu
bestmöglicher Bildung und Erwachsenen vielfältige Möglichkeiten des lebenslangen Lernens
bieten.
Es ist eine Frage der Chancen- und Leistungsgerechtigkeit, denjenigen, die arbeiten und
lernen können und wollen, eine Chance in Thüringen zu bieten.
Thüringengerechte Politik beinhaltet, dass diejenigen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die
nichts oder nur wenig leisten können, Hilfe erhalten. Sie sorgt für soziale Gerechtigkeit.
Es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können.
Nicht den Faulen, nicht den Findigen, sondern den Bedürftigen. Die FDP ist der Anwalt der
arbeitenden und Arbeit suchenden Menschen in unserem Land! Die FDP steht dafür, dass
unser Land auch künftig in der Lage ist, denen zu helfen, die Hilfe brauchen.
Wir Liberalen verstehen unter dem Begriff „sozial“ eine gesellschaftliche Verantwortung,
nicht eine ausschließlich staatliche Kategorie. Privates, soziales bürgerschaftliches Engagement
der Menschen füreinander, welches durch staatliche Unterstützung ergänzt wird, das ist das
liberale Verständnis von der sozialen Gesellschaft.
Wir Liberalen stehen für eine offene und freie Gesellschaft. Unser Begriff einer freien
Gesellschaft heißt: Die Bürger gewähren dem Staat Einschränkungen ihrer Freiheit und nicht
etwa: Der Staat gewährt den Bürgern einige Freiheiten. Wenn Bürger ihrem Staat vertrauen
sollen, dann muss der Staat vor allem seinen Bürgern vertrauen. Wir Liberalen vertrauen den
Thüringerinnen und Thüringern!
1.2 Chancen für Thüringen
Garant für eine freie und gerechte Gesellschaft ist eine stabile Wirtschaft, die Arbeitsplätze für
die hier lebenden Menschen schafft und sichert. So wird Thüringen lebenswert, so wird
Thüringen attraktiv, besonders für Familien. Unsere Wirtschaft, gerade in Thüringen, ist geprägt
von kleinen und mittelständischen Unternehmen, von Familienbetrieben. Für Liberale ist
eines völlig klar: Ohne die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Arbeitsplätze und
Ausbildungsplätze schaffen und sichern, wäre unser Land nicht lebensfähig. Ohne die
Menschen, die etwas unternehmen und dabei hohe persönliche Risiken und Einschränkungen auf
sich nehmen, gäbe es keine Ausbildung und somit keine Arbeitschancen.
Thüringen ist ein Agrarstandort, die Thüringer Landwirtschaft, die Thüringer Bauern
produzieren Qualitätslebensmittel. Insbesondere auf europäischer Ebene muss Thüringen
gemeinsam mit den anderen ostdeutschen Bundesländern intensiver die Interessen der
einheimischen Bauern vertreten, um so eine leistungsfähige Marktwirtschaft im Agrarsektor zu
ermöglichen.
Thüringen ist ein Standort von Hochschulen und von technologieorientierten Unternehmen.
Dafür zu sorgen, dass Thüringer Hochschulabsolventen auch eine Chance auf einen adäquaten
Arbeitsplatz in Thüringen haben, ist eine der wesentlichen Herausforderungen für die nächsten
Jahre.
Thüringen ist ein landschaftlich attraktives Land mit einer faszinierenden und vielfältigen
Geschichte, einer reichen, historisch gewachsenen und modernen Kultur und
abwechslungsreicher Landschaft. Der Thüringer Wald mit dem Rennsteig, die Rhön, das
Saaletal, die großen und kleinen Talsperren, die rekultivierte Bergbaufolgelandschaft der
Bundesgartenschau 2007 in Gera und Ronneburg, die Wartburg, Schlösser und Burgen,
Residenzstädte, das Kyffhäuserdenkmal, die Spuren Luthers und des Wirkens von Bach, Goethe
und Schiller sind nur einige Beispiele die das enorme Potenzial unseres Landes zeigen.
Thüringen ist für Touristen aus aller Welt interessant, die Vermarktung des
Tourismusstandortes muss deshalb noch viel konzentrierter erfolgen, als bisher.
1.3 Herausforderungen in Thüringen
Thüringen hat sich in den Jahren seit der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes positiv
entwickelt. Trotzdem ist es insbesondere in den letzten Jahren nicht gelungen, wesentliche
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern.
Wir brauchen eine aktive Wirtschaftspolitik, die mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen
setzt. Vorrang hat für uns die Pflege bestehender Unternehmen und des Mittelstandes, damit
Arbeitsplätze gesichert werden können. Thüringengerechte Politik hat die
Fachkräfterückgewinnung, also die Rückkehr abgewanderter Thüringerinnen und Thüringer zum
Ziel.
Die Abwanderung hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Kaum eine Familie ist davon
nicht betroffen. Wir verlieren Jugend, Kreativität, Leistungsträger und damit Wirtschaftskraft.
Durch die anhaltende Abwanderung wächst in Thüringen die Gefahr der wirtschaftlichen
Abkoppelung und daraus folgender gesellschaftlicher Probleme.
Thüringen braucht eine solide Finanz- und Haushaltspolitik. Der Haushalt muss
zukunftsgerecht und konjunkturunabhängiger werden. Auf den massiven Verlust von
Fördermitteln, der schon in den Jahren ab 2013/2014 beginnt, ist Thüringen nicht vorbereitet.
In der Bildungspolitik tritt Thüringen auf der Stelle. Über andauernde Experimente und
„Reförmchen“ blieben die tatsächlichen Aufgaben unerledigt: Die frühkindliche Bildung, längeres
gemeinsames Lernen, das lebenslange Lernen und die Motivation von Pädagogen, ihren Beruf
hier in Thüringen auszuüben. Dabei sind schlaue Köpfe der einzige Rohstoff unseres Landes.
Die für eine erfolgreiche Entwicklung Thüringens nötige Vernetzung von Wissenschaft und
Wirtschaft muss dringend verbessert werden. Nur diejenigen Länder werden eine
Spitzenposition einnehmen, die diese Potentiale optimal nutzen.
Dem Bevölkerungsschwund und der fehlenden Wirtschaftskraft steht ein großer
Verwaltungsapparat gegenüber. Die ca. 40.000 Landesaufgaben müssen auf den Prüfstand. Was
muss der Freistaat für seine Bürger leisten und was kann er den Menschen an Freiheit überlassen?
Die Menschen sorgen gut für sich selbst. Eine teure Verwaltung schafft oftmals Stillstand und
Verwirrung. Bürokratieabbau beginnt mit Aufgabenkritik.
Thüringen soll ein Freistaat sein, kein Verbotsstaat. Wir nehmen das Thema innere Sicherheit
ernst. Die FDP wird die Thüringerinnen und Thüringer vor einem allmächtigen Staat schützen.
Die Freiheitsrechte wurden in Thüringen vor 20 Jahren erkämpft. Wir werden diese
Freiheitsrechte auch in Zukunft verteidigen.
Eine erfolgreiche Entwicklung Thüringens ist nicht möglich ohne entsprechende Infrastruktur:
Straßen, Schulen, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und elektronische Kommunikation,
aber auch die ausreichende Versorgung mit Ärzten in den Städten und auf dem Land – hier ist
viel zu tun.
1.4 Zukunft für Thüringen
Wir Liberalen erkennen die Unzufriedenheit über den politischen Stillstand im Freistaat und den
Stillstand in der Bundespolitik. Wir sind davon überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen in
unserem Land keine linken Experimente will.
Nur mit der FDP wird Thüringen in Zukunft zu den leistungsfähigen, freien und lebenswerten
Regionen gehören.
Nur mit der FDP werden die immensen Steuern und Abgaben, die die Tatkraft unserer
Menschen bremsen und ihre Lebensqualität mindern, auf ein erträgliches, nachvollziehbares und
vor allem gerechtes Maß zurückgeführt.
Nur mit der FDP können die Thüringer Bürgerinnen und Bürger eine Regierung, die den real
existierenden Sozialismus zum Ziel hat, verhindern.
Mit der FDP wird Thüringen ein Land der Mitte bleiben.
Mit der FDP hat Thüringen eine Zukunft.


2 Bildung
Bildung ist Bürgerrecht. Bildung bestimmt die Lebenschancen und ist die wichtigste
Investition in die Zukunft jedes einzelnen Menschen und unserer ganzen Gesellschaft. Der
Staat muss einen Ordnungsrahmen für optimale Bildungsmöglichkeiten für alle schaffen.
Im Mittelpunkt aller Überlegungen und Aktivitäten der Thüringer FDP im Bereich der
Bildungspolitik stehen das Kind, der Jugendliche und auch der Erwachsene als Lernende und
Lehrende.
Bildung im 21. Jahrhundert ist für jeden Einzelnen ein permanenter Prozess. Am Ende einer
Berufsausbildung, sei es im dualen System oder an einer Hochschule, hat man nicht „ausgelernt“.
Lernen beginnt heute im Kindergartenalter und dauert das gesamte Leben lang. Lebenslanges
Lernen ist Verpflichtung sich selbst und der Gemeinschaft gegenüber.
Uns Liberalen geht es deshalb darum, eine Kultur des Lernens zu etablieren. Voraussetzung dafür
ist, dass jeder, unabhängig von seiner sozialen Stellung, Zugang zu Bildung haben muss. Dabei
steht für die FDP die Chancengleichheit am Start im Vordergrund. Bildungspolitik setzt bei
uns bereits im Kleinkindalter an. Wer bereits von frühkindlicher Bildung – aus welchen Gründen
auch immer – ausgenommen wird, erfährt bereits Einschnitte in der Chancengleichheit. Bildung
darf dabei jedoch nicht Erziehung ersetzen. Die Vermittlung von Werten und Einstellungen ist
vor allem Aufgabe der Eltern. Die Eltern haben nicht nur das Recht auf Erziehung ihrer Kinder,
sie haben vor allem die Pflicht dazu.
Durch massive Investitionen in die Bildung als wichtigste Grundlage für Chancengerechtigkeit
muss der Staat Perspektiven ermöglichen. Eine ausreichende Finanzierung der
Bildungseinrichtungen aller Art, von Kindergarten bis Universität ist zwingend notwendig, um
den internationalen Anforderungen an Bildung und Wissenschaft standhalten zu können. So
organisieren wir einen Vorsprung für Thüringen:
- Gute Bildung und Arbeitsplätze – das bedeutet Zukunft für Menschen in
Thüringen, es bedeutet Zukunft für Thüringen.
- Gute Bildungschancen sind ein Standortvorteil – für die Menschen und auch für die
Wirtschaft. Gute Bildung ist ein Wert an sich – das gilt für jeden einzelnen.
- Gute Bildung ist ein Standortfaktor – das gilt für die Wirtschaft, gute Bildung schafft
Arbeitsplätze.
Der Staat konzentriert sich zu sehr darauf, mit finanziellen Transfers die Symptome
gesellschaftlicher Fehlentwicklungen und die Folgen ungleicher Chancen zu lindern. Bildung ist
das Rezept, das Ungerechtigkeit im Kern bekämpft. Qualifizierte Bildung und Ausbildung
erfordern von allen Beteiligten Bereitschaft und Anstrengung. Lern- und Leistungsbereitschaft
sind das Ethos der Solidarität.
Leitbilder liberaler Bildungspolitik sind Eigenverantwortung, Wahlfreiheit,
Chancengerechtigkeit, Effizienz und Bereitschaft zur Eigeninitiative.
2.1 Frühkindliche Bildung
Durch die Verknappung von Mitteln und Personal verkommen Kindereinrichtungen zu
Aufbewahrungsanstalten. Viele Kinder verlieren die Motivation bereits, bevor sie überhaupt die
Schule erreichen.
Es ist höchste Zeit, den Kindereinrichtungen die Möglichkeit zu geben, ihren Bildungsauftrag zu
erfüllen. Das vorhandene Personal reicht dafür bei weitem nicht aus, die Möglichkeiten der Ausund
Weiterbildung und der Betreuungsschlüssel sind dringend zu verbessern.
Kinderlärm ist Zukunftsmusik. Thüringen verfügt über ein gut ausgebautes Netz an
Kindergärten und Kindertagesstätten. Sie gehören zu den Wettbewerbsvorteilen Thüringens. So
bietet sich die Möglichkeit, Beruf und Familie zu verbinden.
Soll dies auch zum Wettbewerbsvorteil für unsere Kinder werden, muss Kinderbetreuung als
vorschulische Bildung verstanden werden. Den verschiedenen Bildungseinrichtungen und
Bildungsträgern muss dabei weitgehende Autonomie gewährt werden, damit sich Eltern auf der
Grundlage eines breit gefächerten Bildungsangebots für die Einrichtung ihrer Wahl entscheiden
können. Die Thüringer FDP setzt sich dafür ein, dass der Beruf des Erziehers /der Erzieherin
zunehmend durch eine akademische Ausbildung erworben werden kann, um den
Qualitätsansprüchen gerecht zu werden.
Ziel der Thüringer FDP ist es, perspektivisch den Besuch von
Kinderbetreuungseinrichtungen kostenfrei zu ermöglichen. Dazu ist eine lückenlose
Bereitstellung von Kindertagesstätten notwendig. Die Thüringer FDP bekennt sich deshalb zur
Einführung von Betreuungsgutscheinen. Diese Betreuungsgutscheine als familienpolitische
Leistung werden direkt an die Eltern überreicht. Durch den Übergang von der Objekt- zur
Subjektförderung, d.h. von der Förderung von Einrichtungen hin zur Förderung von Kindern,
wird die Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert. Der Wettbewerb zwischen den
Bildungsträgern und die Stärkung von Privatinitiativen werden so unter Wahrung sozialer
Aspekte gefördert.
Damit ist echter Wettbewerb zwischen den verschiedenen Angeboten der frühkindlichen Bildung
möglich. Auch alternative Angebote, wie Tagesmütter, sind – bei gegebener pädagogischer
Qualität – möglich. Um die Chancengleichheit beim Schuleintritt zu gewährleisten, wird die FDP
ein verpflichtendes Vorschuljahr mit Abschlusstest zur Schulaufnahme einführen.
In diesem Zusammenhang wird die Thüringer FDP für verbindliche standardisierte
Sprachstandserhebungen eintreten. Denn Grundvoraussetzung für eine kulturelle,
wirtschaftliche und politische Teilhabe ist der sichere Umgang mit der deutschen Sprache.
Altersgerecht sicherer Umgang mit der deutschen Sprache ist für alle Kinder Voraussetzung für
einen erfolgreichen Schulstart.
2.2 Schule
Die Schule ist nicht der Spielplatz für Experimente und Reformen.
Wir stehen klar für ein gegliedertes Schulsystem, für Abitur nach zwölf Jahren, für
bundeseinheitliche Bildungsstandards, für die intensivere Einbringung der Grundlagenfächer und
naturwissenschaftlicher Fächer. Medienkompetenz gehört zur Allgemeinbildung. Gleichzeitig
startet die Thüringer FDP eine Fremdsprachenoffensive: Wir werben 1.000 Muttersprachler
nach Thüringen für Fremdsprachenunterricht an.
Wir werden mehr Autonomie für Bildungseinrichtungen und Bildungsträger einführen, damit
sich auch im Bildungswesen auf der Grundlage eines breit gefächerten Bildungsangebots der
Wettbewerb stärker entfalten kann. Die einzelnen Schulen bekommen Personalhoheit und sind
für ihren materiellen Bedarf und die effiziente Nutzung der Lehr- und Lernmittel zuständig.
Dadurch werden Schulen wettbewerbsfähiger und vor allem besser!
Die Thüringer FDP wird in der kommenden Legislatur Konzepte des längeren gemeinsamen
Lernens prüfen. Allerdings lehnen wir gemeinsames Lernen über die Klassenstufe 6 hinaus ab.
Am derzeitigen Fächerkanon halten die Liberalen grundsätzlich fest. Wer die Einführung neuer
Fächer vorschlägt, muss auch deutlich machen, welche Fächer dafür gestrichen werden sollen.
Wir Liberalen setzen uns dafür ein, Abschlussprüfungen zwischen den Bundesländern zu
vereinheitlichen. Das Mitteldeutsche Abitur oder vereinheitlichte Abschlussprüfungen mit
weiteren, insbesondere benachbarten Ländern sind für uns konkrete Zielvorstellungen.
Am Ende jeder Schulausbildung muss ein Abschluss stehen, der – den jeweiligen Stufen
entsprechend – ein im deutschlandweiten Vergleich hohes Niveau aufweist.
Wir wollen den Ausbau eines Netzes von Ganztagsschulen in Thüringen.
Wettbewerb zwischen den einzelnen Schulen, speziell den allgemeinbildenden Schulen, fördert
die inhaltliche Weiterentwicklung der Einrichtungen. Auch Schulen in freier Trägerschaft sind
fester Bestandteil der Thüringer Bildungslandschaft, von Grundschulen bis zu Berufsschulen. Sie
müssen sich dem fairen Wettbewerb stellen können. Dazu bedarf es gleicher
Ausgangspositionen.
Auch die Kinder mit Benachteiligungen brauchen optimale Startchancen für ihr künftiges Leben.
Hier nehmen die Förderschulen eine wichtige Stellung ein. Gerade die Förderschulen im
Freistaat tragen maßgeblich dazu bei, dass unsere Kinder richtig und ihren Fähigkeiten gemäß
gefördert werden.
Der integrative Unterricht an den Regelschulen, begleitet durch Förderschulpädagogen, ist für
Kinder mit Lernschwierigkeiten oder anderen Hemmnissen eine große Hilfe, ihren
Anforderungen im Schulalltag gerecht zu werden.
Perspektivisch werden die Förderschulen weiter als Lernzentren geführt, um sicher zu stellen,
dass jedem Thüringer Kind optimale Lernbedingungen geboten werden. Gleichzeitig müssen die
Förderschulzentren Unterstützerfunktionen für die Regelschulen übernehmen.
Bildungspolitik bedeutet auch Begabtenförderung. Bildung ist nicht nur ein individuelles Recht,
sondern eine gesellschaftliche Pflicht. Liberales Ziel ist daher, sowohl ein möglichst hohes
Bildungsniveau breitester Schichten unserer Bevölkerung, als auch die Herausbildung einer hoch
befähigten geistigen Elite zu garantieren. Die berechtigten Forderungen nach
Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit dürfen jedoch nicht mit der mancherorts gehegten
Hoffnung auf Ergebnisgleichheit verwechselt werden. Wie zivilisiert, freiheitlich und gerecht eine
Gesellschaft ist, zeigt sich nicht nur in der fördernden und fordernden Hilfe in prekären
Lebensverhältnissen, sondern auch und gerade in ihrem Umgang mit Talenten. Thüringen muss
deshalb die Auswahl und Pflege der Begabungen zu seinem Anliegen machen. Dabei ist aber
ganz selbstverständlich, dass nur der, der die Breite fördert, auch die besonders Begabten
erreichen kann. Ohne ein gutes Fundament gibt es auch keine Spitze.
Lehrer und Erzieher brauchen ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit sowie ausreichend
Freiräume für ihre Arbeit und deren Vorbereitung. Diese Forderung trifft auf den gesamten
Bildungssektor zu, von der frühkindlichen Bildung über die Schulbildung und die berufliche
Bildung sowie die Ausbildung an den Fachhochschulen und Hochschulen bis hin zur
Erwachsenenqualifizierung.
2.3 Berufsausbildung
Die berufliche Bildung ist ein zentrales Element der Innovationsfähigkeit Thüringens. Nur wenn
junge Menschen eine qualitativ gute Ausbildung haben, werden sie dauerhaft im Arbeitsleben
bestehen können.
Das duale System hat sich in Deutschland seit Jahrzehnten und in Thüringen nach der politischen
Wende bewährt. Eine der wichtigsten Stärken besteht in der Verankerung der beruflichen
Ausbildung in den Betrieben. Hier sind eine ganzheitliche Betrachtung und ein enges
Zusammenwirken von Schule und Betrieben notwendig. Die berufliche Weiterbildung als
lebensbegleitendes Lernen ist eine starke Säule des Bildungssystems. Die betriebliche
Weiterbildung muss auch weiterhin staatlich gefördert werden.
Förderangebote für Schulabgänger im Übergang in eine berufliche Ausbildung müssen in enger
Abstimmung mit dem Berufsausbildungssystem erfolgen. Ziel dieser Fördermaßnahmen muss die
Einmündung in eine berufliche Ausbildung sein. Sie dürfen nicht zu einer „Maßnahmenkarriere“
führen.
Ausbildungsgänge müssen im Rahmen eines abgeschlossenen Berufsbildes flexibler und modular
aufgebaut werden. Dabei sollen in sog. „Grundmodulen“ berufsfeldbreite Kompetenzen, die
mehreren Berufen gemeinsam sind, erlernt werden. In diesen „Grundmodulen“ werden
berufstypische Fertigkeiten und Fähigkeiten erlernt, die dann auch die Abgrenzung der Berufe
voneinander begründen. Spezialmodule mit Wahlmöglichkeiten sollen branchentypische
Geschäftsfelder umfassen und Spezialisierungen ermöglichen, ohne jedoch den gesamten
Ausbildungsberuf zu zerstückeln. Es ist jedoch gleichzeitig zu vermeiden, dass die vorhandenen
Ausbildungsberufe weiter modifiziert und immer mehr neue, spezialisierte Branchenberufe
hinzu kommen, weil ansonsten ein Überwechseln der Facharbeiter, bzw. Gesellen in andere
Betriebe einer Branche erschwert wird.
Berufsschulen bilden einen wichtigen Eckpfeiler der beruflichen Ausbildung. Um an diesem
Lernort eine hochqualifizierte und betriebsnahe Ausbildung nachhaltig zu sichern, ist es dringend
erforderlich, den Mangel an qualifizierten Lehrkräften möglichst schnell zu beseitigen. Der
Einstellungsstopp für Berufsschullehrer muss schnell beendet werden. Es ist unter keinen
Umständen hinnehmbar, dass solche Fachkräfte in die Nachbarbundesländer abwandern. Auch
sollte Seiteneinsteigern aus der Wirtschaft der Weg in das berufliche Lehramt erleichtert werden.
Dazu gehört in jedem Fall eine gerechte und leistungsorientierte Entlohnung dieses
Personenkreises.
Die Vollzeitschulformen und die Assistentenberufe sind als sinnvolle Alternative zur
traditionellen Facharbeiter- und Gesellenausbildung zu erhalten, weil sie für viele Schulabgänger
mit besonderen Ausbildungswünschen eine gute Möglichkeit sind, in eine anspruchsvolle
Berufskarriere einzusteigen.
Überbetriebliche Ausbildungszentren sind eine Möglichkeit, um Ausbildungsinhalte zu
vermitteln, die von kleinen, oft spezialisierten Betrieben nicht abgedeckt werden können.
Das Prinzip des Vollberufs muss beibehalten werden. Dem stehen Modulausbildungsgänge für
Qualifikationen unterhalb des Vollberufs nicht entgegen. Die hochwertigen Kompetenzprofile
des Facharbeiters/Gesellen und Meisters sollen erhalten werden.
Am Ende jeder Ausbildung muss eine anerkannte Abschlussprüfung stehen. Diese Prüfung
soll weiterhin zentral bei den dafür zuständigen Stellen bundeseinheitlich erfolgen.
2.4 Hochschulen
Wir schaffen die eigenständige Hochschule!
Die Thüringer Hochschulen leisten mit herausragenden Ergebnissen einen wesentlichen Beitrag
zur Zukunftssicherung. Sie bilden die Wissenschaftlergeneration von morgen heran. Die
Hochschulen befinden sich in einem harten nationalen und internationalen Wettbewerb. Die
Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge schafft in einem hohen Maße die
internationale Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse. Die Stärkung der Leistungsfähigkeit
unserer Universitäten und Hochschulen ist deshalb eine dringende politische Aufgabe. Wir
werden aus diesem Grunde unsere Hochschulen mit einer angemessenen finanziellen
Ausstattung versehen.
Das bedeutet unter anderem:
- den Ausbau der Autonomie der Hochschulen in Finanz-, Personal- und
Organisationsentscheidungen,
- Unterstützung für den erfolgreichen Weg von Stipendien, Stiftungsprofessuren und
anderen Finanzierungsformen aus der Wirtschaft,
- dass zukünftig die Studenten ihre Hochschulen und die Hochschulen ihre Studenten
selbst auswählen dürfen. Dazu bedarf es der Abschaffung der Kapazitätsverordnung und
des Ausbaus von Studienkapazitäten. Für die Kapazitätsentwicklung sollen die späteren
Einsatzmöglichkeiten berücksichtigt werden.
- gezielte Marketingmaßnahmen zur Werbung für ein Studium in Thüringen. Dazu bedarf
es noch auszubauender Förderprogramme. Die Entwicklung der Studierendenzahlen der
nächsten Jahre ist eine große Chance für den Hochschulstandort Thüringen.
- eine Überprüfung und Veränderung des bestehenden Tarifvertrages, um einer
Abwanderung von jungen talentierten Wissenschaftlern entgegenzuwirken,
- die Förderung der Verzahnung der Forschung von Hochschulen, außeruniversitären
Forschungsinstituten und der Industrie,
- die Aufstockung der Finanzmittel für die Hochschulen bei langfristiger finanzieller
Planungssicherheit. Zusätzliche Einnahmen müssen im Rahmen der
Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen möglich sein. Die staatliche Finanzierung muss
von der Höhe der zusätzlichen Einnahmen unabhängig sein.
Die Erhebung von Studienbeiträgen ist Sache der Hochschulen und Universitäten und eine
freiwillige Angelegenheit der universitären Selbstverwaltung. Sie dürfen jedoch ausschließlich zur
Verbesserung der Lehre und Studienbedingungen eingesetzt werden. Sollten sich Hochschulen
dazu entschließen, darf dies nicht zu sozialer Selektion führen. Es bedarf einer Weiterentwicklung
des BAföG.

3 Wirtschaft
Die Wirtschaft in Thüringen muss wieder an Fahrt gewinnen. Nur eine konsequent
marktwirtschaftliche Politik kann die Dynamik entfachen, die Arbeitsplätze sichert. Unnütze
bürokratische Hemmnisse und mittelstandsfeindliche Industriepolitik sorgen dafür, dass sich die
Gefahren der gegenwärtigen Finanzkrise verschärfen, und dass aus der Finanzkrise eine
Arbeitsmarktkrise wird. Dies gilt es zu verhindern.
3.1 Mit der Sozialen Marktwirtschaft gegen die Krise
Die soziale Marktwirtschaft hat in Deutschland und in Thüringen zu Wohlstand breiter
Bevölkerungsgruppen und zu anhaltendem sozialen Frieden geführt. Nur soziale Marktwirtschaft
sichert dauerhaft Arbeitsplätze und setzt dem Markt Regeln. In der sozialen Marktwirtschaft
gehen Wirtschafts- und Sozialpolitik Hand in Hand. Allerdings setzt der Staat mit seinen Regeln
den Ordnungsrahmen, der das Gleichgewicht der am Markt Beteiligten (z.B.
Arbeitnehmer/Arbeitgeber, Kunden/Unternehmen) gewährleistet. Die gegenwärtige Finanzkrise
ist nicht zuletzt durch die Missachtung ordnungspolitischer Prinzipien entstanden. Insbesondere
die staatliche Politik des "billigen Geldes" der US-Zentralbank und die forcierte staatliche
Förderung von Hauseigentum haben die Finanzmärkte verzerrt und zu Spekulationsblasen
geführt. Deshalb können hohe Verschuldung und eine abermalige Politik des "billigen Geldes"
langfristig den Schaden nur vergrößern.
Bestandteile der Sozialen Marktwirtschaft sind der Schutz des Privateigentums und die
Vertragsfreiheit. Staatliche Beteiligungen an Privatunternehmen oder gar Enteignungen
unterhöhlen das Fundament der Sozialen Marktwirtschaft. Sie führen zu
Wettbewerbsverzerrungen und retten in Wahrheit keinen einzigen Arbeitsplatz. Ganz im
Gegenteil: Sie schmälern mittel- und langfristig die Beschäftigungs- und
Wachstumsmöglichkeiten in Deutschland.
Die Soziale Marktwirtschaft ist das gesellschaftspolitische Gegenmodell zum Obrigkeits- und
Interventionsstaat, zur Herrschaft der Bürokraten, zur Privilegiengesellschaft, zu Etatismus und
umfassender Staatsfürsorge. Ihre Bedeutung reicht weit über die ökonomischen Aspekte der
wirtschaftlichen Effizienz hinaus. Sie ist komplementärer Teil jeder freiheitlichen
Gesellschaftsordnung. Freiheit ist unteilbar.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise stellt die Menschen in Thüringen vor besondere
Herausforderungen. Wer schon immer Zweifel an der sozialen Marktwirtschaft hatte, äußert
diese vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise nun umso lauter. Dabei war und ist
es auch und gerade die öffentliche Hand, die mit Interventionismus und Subventionen einen
erheblichen Teil an der gegenwärtigen Misere zu verantworten hat.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise stellt Thüringen vor besondere Herausforderungen. Niemand
kann die kommenden Risiken sicher einschätzen, die Mittel einer Landesregierung in einer
globalen Krise sind begrenzt. Wichtig ist in dieser Lage, das Vertrauen der Menschen in die
eigenen Kräfte und in die Handlungsfähigkeit des Staates zu stärken. Wir sehen gute Chancen,
dass bei entsprechenden politischen Weichenstellungen das Land Thüringen gestärkt aus der
Krise hervorgehen wird.
Die Finanzkrise macht deutlich, dass der Ordnungsrahmen im Sinne der Sozialen
Marktwirtschaft weiterentwickelt werden muss. Nicht die Freiheit hat versagt, vielmehr hat
die mangelnde Verantwortung Einzelner beim Gebrauch der Freiheit die Krise
herbeigeführt. Deshalb müssen diejenigen, die durch verantwortungsloses Handeln die Krise
herbeigeführt haben, personell wie finanziell zur Verantwortung gezogen werden.
Freiheit und Verantwortung bleiben Grundvoraussetzung für die wirtschaftliche Entfaltung und
damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Deshalb gilt für die Thüringer FDP: Wir wollen so
viel Freiheit wie möglich und so viel Regeln wie nötig.
3.2 Wohlstand braucht Markt und Wettbewerb – Wettbewerb braucht Regeln
Auch die Thüringer Wirtschaft steht vor schwierigen Zeiten. Auftragseingänge sind rückläufig,
Kurzarbeit nimmt zu, Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung werden nach unten korrigiert.
Die Kaufkraft ist schwach, weil den Bürgern Geld für Konsum und Investitionen entzogen
wurde. Die gesamtstaatlichen Steuermehreinnahmen in Deutschland – also Mehrbelastungen der
Bürger – betrugen allein in den Jahren von 2006 bis 2008 über 350 Mrd. Euro. Für den
durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushalt bedeutet dies in den drei Jahren einen Kaufkraftentzug
von rund 4.800 Euro.
Die Herausforderungen der Zukunft meistern wir nur, wenn sich die schöpferischen und
geistigen Kräfte unserer Gesellschaft voll entfalten. Dafür will die FDP Raum schaffen. Je mehr
Menschen durch eigene Leistung ihr Leben gestalten, desto fairer und sozialer ist die
Gesellschaft. Eine Politik der guten Ergebnisse ist besser für die Menschen als eine
Politik der guten Absichten.
Manche Menschen haben Angst vor Wettbewerb, weil sie darunter ungehinderte ökonomische
und politische Macht verstehen.
Wettbewerb bedeutet jedoch nicht das Recht des Stärkeren, aber auch nicht die Generallösung
für alle Probleme.
Wettbewerb darf nicht verboten werden, sondern muss mit klaren Regeln fair gestaltet
und in seiner Wirksamkeit gestärkt werden.
Die gesellschaftliche Schleifspur aller linken Rezepte zeigt, dass unkontrollierte wirtschaftliche
und politische Macht immer genau dort entsteht, wo Wettbewerb und Markt vorher aus
politischen Motiven außer Kraft gesetzt worden sind. Die aus einer Wettbewerbssituation
resultierende Konkurrenz von Ideen führt zu besten Lösungen - Wettbewerb macht beweglich!
3.3 Mittelstand und Wirtschaft in Thüringen
Kleine und mittlere Unternehmen sind das Rückgrat der Thüringer Volkswirtschaft. Es ist der
Mittelstand der den entscheidenden Beitrag zur Schaffung und Sicherung von Arbeits- und
Ausbildungsplätzen in Thüringen leistet. 87 Prozent der Betriebe in Thüringen haben weniger als
zehn Beschäftigte. Mittelständische Unternehmen sind außerordentlich flexibel und innovativ.
Ohne den Mut und das Engagement der mittelständischen Unternehmen und ihre qualifizierten
Mitarbeiter wäre der bemerkenswerte Wiederaufbau im Freistaat nicht möglich gewesen.
Thüringengerechte Wirtschaftspolitik ist Politik für den Mittelstand.
Der Mittelstand wartet auf Steuersenkungen und Maßnahmen zur Verbesserung der
Eigenkapitalquote, auf Bürokratieabbau und niedrige Lohnzusatzkosten. Zu einer guten
Mittelstandspolitik gehört für die FDP Thüringen eine gezielte Wirtschaftsförderung und
Unterstützung bei der Sicherung von Arbeitsplätzen gerade während der Wirtschaftskrise. Wir
wollen schnellere und subsidiär geprägte Entscheidungen.
Die Thüringer FDP begrüßt die von der EU-Kommission angestoßene Umsetzung der
„Unternehmensgründung in sieben Tagen“. Dazu ist auch die Einrichtung eines
„einheitlichen Ansprechpartners“ für alle Unternehmensgründer notwendig.
Die Thüringer Liberalen werden alle bestehenden und künftig zu beschließenden Gesetze und
Verordnungen auf ihre Mittelstandsrelevanz hin überprüfen und darüber hinaus mit einem
Ablaufdatum versehen. Mit Prüfverfahren wie dem „Quick-Scan-Verfahren“ oder dem
Standardkosten-Modell wird ermittelt, wie viel Aufwand und Zeit durch Anträge und
Meldepflichten bei den Betrieben und in der Verwaltung verursacht werden. Auf diese Weise
ausfindig gemachte Kostenbelastungen werden soweit wie möglich reduziert.
Die Thüringer FDP setzt sich auch für schnellere Genehmigungsverfahren z.B. durch die
Einführung weiterer Anzeigeverfahren – analog der Thüringer Bauordnung – ein.
Weiterhin werden wir die Pflichtmitgliedschaft von Unternehmen in den Industrie- und
Handelskammern bzw. Handwerkskammern kritisch überprüfen. Die Kammern sollen nicht
abgeschafft werden. Vielmehr muss das Kammerwesen auf der Grundlage des
Wettbewerbsgedanken reformiert werden.
Die FDP Thüringen fordert die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Anwendung der reduzierten
Mehrwertsteuersätze. Dies würde die Möglichkeit für Gastronomie, Hotellerie,
personalintensive Dienstleistungen und handwerkliche Dienstleistungen in privater Hand
eröffnen, den reduzierten Satz der Mehrwertsteuer von sieben Prozent anzuwenden.
Schließlich fordert die FDP Thüringen die Umsetzung der EU-Richtlinie zum „SBA“ (Small
Business Act). Er zielt darauf ab, die grundsätzliche Haltung zum Unternehmergeist in unserer
Gesellschaft zu verbessern und das Prinzip „Vorfahrt für kleine und mittelständische
Unternehmen“ (KMU) unumkehrbar in allen Bereichen zu verankern. In einem 10-Punkte
Programm werden den Verwaltungen Aufgaben gestellt, die Existenzgründungen und den
Unternehmen das tägliche Handeln erleichtern.
Voraussetzungen für eine Thüringengerechte Wirtschaftspolitik:
- Eine funktionsfähige soziale Marktwirtschaft.
- Eine auf das Notwendige beschränkte und sich beschränkende Bürokratie.
- Eine hervorragende Bildungs- und Hochschulstruktur.
- Eine breit aufgestellte Forschungslandschaft.
- Ein hohes Maß an Lebensqualität.
- Umgehende steuerliche Entlastung von Unternehmen und Bürgern.
- Kleine und mittelständische Unternehmen mit ausreichender Eigenkapitaldecke.
3.4 Wirtschaftsförderung mit klarem Auftrag und klaren Strukturen
Die Wirtschaftsförderung des Landes muss grundlegend neu strukturiert und ausgerichtet
werden. Die Landesgesellschaften wie die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und die
Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung (GFAW) müssen intensiver für den
Wirtschaftsstandort Thüringen werben und die heimische Wirtschaft bei der Erschließung
überregionaler Märkte unterstützen.
Grundsatz einer liberalen Wirtschaftsförderpolitik ist die Subsidiarität. Das Land soll nur
dort Fördermittel einsetzen, wo nationale und internationale Institutionen keine Angebote
unterbreiten oder Refinanzierungs- und Programmtitel dieser Institutionen komplementär
finanziert werden müssen.
Die FDP Thüringen wird die bestehenden Förderprogramme auf ihre Wirksamkeit
überprüfen und überflüssige Fördertatbestände abschaffen. Die für den weiteren
Wirtschaftsaufbau notwendigen Förderprogramme sollen einfach und übersichtlich
formuliert werden und die Zuteilung für den Antragsteller transparent und nachvollziehbar sein.
Transparenz und Verlässlichkeit sind für die Thüringer FDP Leitlinien auch in der
Wirtschaftsförderung.
Zielsetzung aller Fördermaßnahmen ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Mit Hilfe der Förderangebote
muss es möglich sein, dass der Thüringer Mittelstand seine Investitionspläne verwirklichen und
eine der etablierten westdeutschen Konkurrenz vergleichbare Eigenkapitalquote aufbauen kann.
Bereits seit vielen Jahren setzen sich die Liberalen dafür ein, dass für die Bürgerinnen und Bürger
ebenso wie für Unternehmen und Investoren Behördengänge vereinfacht werden. Verwaltungen
als Dienstleister müssen dafür Sorge tragen, dass künftig niemand mehr „von Pontius zu Pilatus“
geschickt wird, sondern dass ein Anlaufpunkt („One-Stop-Point“) zur Verfügung steht, an dem
den Betroffenen kompetent geholfen wird. Darauf hat der Steuerzahler einen Anspruch.
Die Kreditversorgung der Wirtschaft funktioniert u. a. deshalb nicht, weil die Banken gerade in
Krisenzeiten für Darlehen an den Mittelstand hohe Eigenkapitalreserven vorhalten müssen. Die
Thüringer FDP setzt sich dafür ein, dass die Baseler Eigenkapitalvereinbarungen (Basel II) so
flexibilisiert werden, dass kleine und mittlere Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten
Darlehen zu günstigen Konditionen erhalten können.
Ein wichtiger Bestandteil der Thüringer Wirtschaftspolitik ist die Tourismuspolitik. Mit ca.
70.000 Vollzeitbeschäftigten und einem Umsatz von ungefähr 1,7 Milliarden Euro pro Jahr ist
der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig. Allerdings leidet der Thüringer Tourismus noch
immer an seiner regionalen Zersplitterung.
Hauptaufgabe der Tourismuspolitik des Landes ist die Etablierung einer einheitlichen Marke
„Thüringen“, die außerhalb Thüringens wahrgenommen wird. Das Hotel- und
Gaststättengewerbe ist für Thüringen nicht nur ein Aushängeschild, sondern auch ein wichtiger
Wirtschaftszweig und Arbeitgeber. Die FDP unterstützt die Forderung nach einem einheitlichen
reduzierten Umsatzsteuersatz für das Hotel- und Gaststättengewerbe, wie er in anderen EULändern
gewährt wird. Außerdem setzt sich die FDP Thüringen für eine Änderung der GEZGebührenabrechnung
bei Pensionen und Hotels ein. Die GEZ Zahlung muss sich nach der
tatsächlichen Zimmerauslastung richten. Abgeschafft wird die derzeit geltende Zahlung pauschal
nach Anzahl der gemeldeten Zimmer, die die tatsächliche Auslastungsquote unberücksichtigt
lässt.
Die bestehenden Fördermittelprogramme sind unübersichtlich, unverständlich und von
bürokratischen, oft unsinnigen Festlegungen und Bestimmungen überfrachtet. So kommt es, dass
viele Fördermittel gar nicht erst dort ankommen, wo sie sollen. Darunter leiden private
Investoren, darunter leiden genauso Städte und Gemeinden Die FDP setzt sich dafür ein, die
Vielzahl von Fördermittelprogrammen sinnvoll zusammenzufassen und von bürokratischen
Hemmnissen zu entrümpeln.
Die späte Bereitstellung von Fördermitteln führt zu unnötigen und inakzeptablen Verzögerungen
bei vielen Bauvorhaben. Dieses „Dezember-Fieber“ muss künftig verhindert werden. Neben
Möglichkeiten zum vorgezogenen Vorhabensbeginn muss auch eine Verschiebung des
Haushaltsjahres geprüft werden.
Die FDP wird dafür sorgen, dass Fördermittelbestimmungen vereinfacht werden, Praxisnähe
statt Paragraphenreiterei heißt der Grundsatz liberaler Förderpolitik. Künftig soll grundsätzlich
die Zustimmung als erteilt gelten, wenn nicht innerhalb einer angemessenen Frist eine anders
lautende Mitteilung vorliegt (Genehmigungsfiktion). Die Angemessenheit der Frist kann sich
z. B. an den Fristen für eine vorschriftsmäßige Vergabe orientieren und muss die Einhaltung der
Fördermitteltermine ermöglichen.
3.5 Energiepolitik
Die sichere Versorgung mit preisgünstiger und unweltverträglicher Energie gehört zu den
elementaren Lebensquellen einer Volkswirtschaft und aller Privathaushalte. Energie muss
langfristig und verlässlich zur Verfügung stehen.
Energiepolitik muss sich an den Zielen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und
Umweltverträglichkeit ausrichten, diese Ziele als gleichrangig betrachten und ausgewogen
verfolgen. Liberale Energiepolitik spricht sich gegen Monopole aus und für die Kraft des
Wettbewerbs.
Thüringen ist ein bedeutender Standort der erneuerbaren Energien. Wir werden Forschung und
Entwicklung im Energiebereich intensivieren. Unterstützt werden sollen Bereiche wie
Photovoltaik, Solarthermie, Wind- und Wasserkraft, Biogas, Biomasse, Geothermie,
Brennstoffzelle und Speichertechnologien.
Wie werden einen Thüringer Energiebericht erarbeiten, um einen Überblick über die Thüringer
Energiepolitik sowie über den Stand von Forschung und Technik geben zu können.
Die Zielvorgaben der EU sehen für 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch von 18 Prozent vor. Wir wollen in Thüringen diesen Wert schon im Jahr 2010
erreichen. Der weiteren Ansiedlung von Unternehmen dieser Branche ist besonderes Augenmerk
zu schenken mit dem Ziel, die Zahl der Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren
Energien innerhalb der nächsten Legislaturperiode zu verdoppeln.
3.6 Forschungs- und Technologiepolitik
Die Chancen einer globalisierten Welt nutzen heißt, unser Land fit für die Zukunft machen. Der
Freistaat Thüringen verfügt über wenige natürliche Ressourcen und braucht daher kreative
Köpfe, die mit ihren Ideen dazu beitragen, mit innovativen Produkten, Produktionsverfahren
und Dienstleistungen im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Nur so können wir Thüringen
gerecht werden und Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung für die Zukunft sichern.
Billige Massenfertigung und eine reine Dienstleistungswirtschaft sind für unser rohstoffarmes
Land keine Zukunftsperspektiven. Unsere Zukunft liegt in einer wissensbasierten Volkswirtschaft
und dem geistigen Potential unserer Menschen. Ihr Wille und ihre Kraft zum Fortschritt sind es,
auf die wir bauen und auf die wir uns verlassen müssen. Eine innovative Wirtschaft ist der
Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft, darauf müssen wir uns konzentrieren. Dafür sind
Forschung und Entwicklung unerlässlich.
Thüringen muss ein moderner Standort in Europa werden. Die Verbindung von Wirtschaft
und Forschung wird der ausschlaggebende Faktor in dieser Entwicklung sein. Thüringen
hat gute Potentiale, aber auch großen Aufholbedarf. Die Zukunft hängt davon ab, wie stark der
Freistaat in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung sein wird und wie effizient und
ertragreich er diese Faktoren mit der Wirtschaft, d. h. dem ansässigen Mittelstand, verbinden
kann.
Nur mit einem starken und gesunden Mittelstand wird in Thüringen wieder Wachstum und
Innovation möglich sein. Die FDP Thüringen spricht sich jedoch eindeutig gegen eine jahrelange
Förderung nach dem Gießkannenprinzip aus. Vielmehr sollen die zukunftsträchtigen Branchen in
die Lage versetzt werden, nach einer Anschubfinanzierung auf eigenen Beinen zu stehen.
Förderungen sind daher grundsätzlich degressiv auszugestalten, allein schon um
Gewöhnungseffekte zu vermeiden.
Aus der Dominanz der kleinen Betriebe in Thüringen ergeben sich mit Blick auf Forschung und
Entwicklung (FuE) bzw. Wissen- und Technologietransfer spezifische Probleme. Jedoch gibt
es zu FuE keine Alternative, wenn Unternehmen auf dem Markt erfolgreich bestehen wollen. So
fehlen gerade den kleineren Betrieben die finanziellen Mittel um eigene FuE-Projekte
durchzuführen. Die Selbstfinanzierungskraft dieser oftmals aus Wissenschaftseinrichtungen
ausgegründeten und in der Regel sehr forschungsintensiven Firmen reicht in der Regel nicht aus,
um FuE-Aktivitäten in ausreichendem Ausmaß durchzuführen. Gerade auch für
Ausschreibungen auf EU-Ebene reicht das vorhandene Kapital nicht aus. Diese Unternehmen
sind daher auf Kooperationen angewiesen. FuE-Kooperationen können von losen informellen
Kontakten zu Unternehmen, Hochschulen und/oder externen Forschungseinrichtungen über
eine generelle Zusammenarbeit bis hin zu vertraglich vereinbarten FuE-Aufträgen und –
Projekten reichen.
Oft stehen FuE-Kooperationen aus Sicht der Unternehmen die langwierigen
Entscheidungsstrukturen und die Bürokratie der Hochschulen, unzureichende personelle und
technische Ausstattung der Fachgebiete, Termin- und Zeitdruck der Unternehmen hinsichtlich
des angestrebten FuE-Ergebnisses, Unklarheiten über das Verwertungsrecht und das
Veröffentlichungsinteresse der Hochschulen entgegen.
Hier besteht aus Sicht der FDP Thüringen sofortiger Handlungsbedarf:
- Wir werden die FuE-Förderung finanziell aufstocken.
- Wir werden den Wissens- und Technologietransfer intensivieren und transparenter
gestalten, um die Forschungsergebnisse schneller in neue Verfahren und Produkte
umzusetzen sowie Existenzgründer aus den Hochschulen zu ermutigen und gezielt zu
fördern.
- Wir werden die vorhandenen industriegetriebenen Branchenschwerpunkte (Cluster)
weiter ausbauen und durch eine umfassende strategische Positionierung die
verschiedenen Zukunftsbranchen im nationalen und internationalen Wettbewerb stärken.
- Wir werden mit den Hochschulen und Patentverwertungsgesellschaften den
Technologietransfer beschleunigen und effizienter gestalten.
3.7 Verkehrspolitik
Eine intakte und gut funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist ein wichtiger Standortfaktor.
Ziel liberaler Verkehrspolitik ist und bleibt es, den Bürgerinnen und Bürgern bezahlbare und
umweltverträgliche Mobilität zu ermöglichen.
Thüringen hat aufgrund seiner zentralen Lage eine wichtige Funktion für den Verkehr in
Deutschland und Europa. Prognosen zufolge wird sich der Zuwachs des Verkehrsaufkommens
fortsetzen. Das Verkehrssystem muss deshalb fortlaufend modernisiert und bedarfsgerecht
ausgebaut werden.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes zu verbessern, muss in den ländlichen
Regionen eine moderne Kommunikationsinfrastruktur ausgebaut werden. Zu einer
leistungsfähigen und den Standort stärkenden Infrastruktur gehört der ungehinderte Zugang zur
Breitbandkommunikation.
Thüringen lebt derzeit vor allem von der Verkehrsader A4, die Mittel- und Ostthüringen mit dem
Rhein-Main-Gebiet verbindet. Die Verbindung nach Nordwestdeutschland sowie in die
bevölkerungsreichste Region des Ruhrgebietes und weiter nach Belgien und in die Niederlande
lässt sehr zu wünschen übrig.
Die FDP wird die vorhandenen Trassenführungen auf Bundesstraßenniveau ausbauen, damit der
als natürliche Hürde wirkende Thüringer Wald im Interesse von Tourismus und Wirtschaft
schnell und problemlos überwunden werden kann. Dabei ist auf Natur- und Landschaftsschutz
zu achten.
Folgende Projekte sehen wir als besonders vordringlich an:
- den Lückenschluss der Autobahnen Nordthüringen A 38 und A 38 - A 71,
- den Ausbau der A 4 Hörselberge,
- die Fertigstellung der A 9 nördlich von Schleiz,
- Projekte zur infrastrukturellen Stärkung der Bundesstraßen, wie zum Beispiel die
Fortführung der B 94 zwischen Zeulenroda und Schleiz, der B 7 zwischen Jena und A 9,
der B 93 zwischen Altenburg und Borna (Anschluss nach Leipzig), Fertigstellung der
A 44 zwischen Wommen und Kassel, Bau der B 243 neu in Nordthüringen.
- der Bau einer Rhönquerung.
- den Bau von Ortsumgehungen, um die Bevölkerung vom Verkehr zu entlasten, z. B.
Ortsumgehung Weimar und die notwendigen Ortsumgehungen begleitend zur B 175.
Die Thüringer FDP bekennt sich zur Bedeutung des Öffentlichen Personennahverkehrs
(ÖPNV) für die Mobilität der Menschen im Land, sowie als Standortfaktor. Es gilt darum, alle
Möglichkeiten zu einer möglichst effizienten Fortschreibung auszuschöpfen, wie die intelligente
Vernetzung der Verkehrsträger, Verkehrsverbünde, interkommunale Zusammenarbeit und die
Kooperation mit Privaten z.B. durch die Freigabe und Ausschreibung von Konzessionen für den
(Klein-)Bus-Pendelverkehr im ländlichen Umfeld. Von hoher Bedeutung ist, dass zukünftig
klarer, kontinuierlicher und verlässlicher feststehen muss, welche Mittel den kommunalen
Verkehrsträgern zur Verfügung stehen. Die Mobilität der Menschen ist ein Wirtschaftsfaktor
und Voraussetzung für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger. Sie ist nicht
Verhandlungsmasse tagespolitischer Unzulänglichkeit. Deshalb brauchen die kommunalen
Verkehrsträger Planungssicherheit. Auch der schienengebundene Nahverkehr hat für die FDP
hohen Stellenwert. Statt experimenteller „Luftballons“ der Landesregierung, wie die Schließung
von Bedarfshaltepunkten, fordern die Liberalen eine verlässliche Verkehrspolitik als
Standortfaktor für die Thüringer Kommunen.
Die FDP Thüringen spricht sich für den beschleunigten Ausbau der in der Vergangenheit immer
wieder verzögerten
- Nord-Süd-Eisenbahnverbindung Berlin - Erfurt - München sowie der
- zweigleisigen, elektrifizierten Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Erfurt und
Dresden aus.
Speziell zur Stärkung des Südthüringer Raums setzt sich die Thüringer FDP dafür ein, dass die
Werrabahn von Eisenach bis Eisfeld/Coburg, einst eine leistungsfähige Verbindung von
Nordhessen nach Franken, durch einen Lückenschluss wieder mit Franken verbunden wird. Die
Werrabahn hat eine große Bedeutung im Radtourismus und kann nach dem Lückenschluss
alternativer Verkehrsweg in einem wettbewerbsorientierten Bahnverkehr, sowohl für den Güterals
auch im Personentransport werden.
3.8 Landwirtschaft, Forsten, Ländlicher Raum
Thüringen ist geprägt vom ländlichen Raum. Er ist für einen großen Teil der Thüringer
Bevölkerung Wohn-, Lebens- und Wirtschaftsraum. Mit seinen natürlichen Ressourcen bietet er
aber auch die notwendigen Freiräume für Erholung und Freizeitgestaltung der Bevölkerung und
leistet einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der Thüringerinnen und Thüringer mit
hochwertigen Produkten der Land- und Forstwirtschaft sowie des Gartenbaus.
Gerade der ländliche Raum ist von Abwanderung und drohender Überalterung bedroht. Die
Stärkung des ländlichen Raumes heißt daher, Thüringen insgesamt zu stärken.
Der ländliche Raum lebt zu einem wichtigen Teil von Landwirtschafts- und Forstunternehmen,
aber auch von den angrenzenden Zentren in die viele seiner Bewohner zum Arbeiten pendeln.
Landwirtschafts- und Forstunternehmen sind häufig der größte und oftmals auch der einzige
Arbeitgeber in ländlichen Regionen. Sie erfüllen nicht nur im ländlichen Raum vielfältige
Aufgaben, sie sind als Nahrungsmittelproduzenten ein unverzichtbarer Bestandteil unseres
Wirtschaftsgefüges. Sowohl die Investitionen als auch die konsumtive Nachfrage
landwirtschaftlicher Betriebe stützt regionale Wirtschaftskreisläufe und sichert somit
Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region.
Die Thüringer Liberalen nehmen die Landwirtschaft als einen gewichtigen Wirtschaftsfaktor
ernst. Viele Parteien vermitteln den Eindruck vom Bauernhof als "Urlaub auf dem Lande".
Dieser Eindruck wird dem ernsthaften Anliegen der Nahrungsmittelversorgung, dem Anbau
nachwachsender Rohstoffe, der Förderung des Klimas und der Erhaltung der Wirtschafts- und
Gesellschaftsstrukturen im Ländlichen Raum nicht gerecht. So wenig wie Strom einfach nur „aus
der Steckdose kommt“, wächst das Schnitzel in der Pfanne. Land- und forstwirtschaftliche
wirtschaftliche Produkte fallen nicht vom Himmel.
Landwirtschaftspolitik begreifen wir als Einheit mit den dazu gehörigen vor- und nachgelagerten
Bereichen, wie der Futtermittelindustrie, der landtechnischen Industrie und dem zugehörigen
Handwerk, der Ernährungswirtschaft und der Nutzung der nachwachsenden Rohstoffe (u. a.
durch Biogas- oder Biodiesel-Produktion). Diese sind wichtiger Bestandteil des
Bruttosozialproduktes in Thüringen. Ihr Arbeitskräftebedarf ist von erheblicher Bedeutung vor
allem im Ländlichen Raum.
Der Erhalt und die Förderung der heimischen Landwirtschaft hat bei der Thüringer FDP
Priorität. Deshalb treten wir ein:
für die Stärkung marktwirtschaftlicher Strukturen und den Schutz vor subventionierten
Einfuhren; liberale Agrarpolitik will die schrittweise Verringerung der Eingriffe in den Markt.
für den Grundgedanken der Entkopplung der Prämien von der Produktion und die
Abschaffung von Quoten und Marktordnungen und gegen Förderobergrenzen; die FDP
steht für eine unternehmerische und nachhaltige Landwirtschaft mit deutlich weniger Bürokratie.
für eine gleichmäßige 1:1 Umsetzung der EU-Standards im Umwelt-, Tier- und
Verbraucherschutzbereich in allen EU-Mitgliedstaaten.
für einen zurückhaltenden Umgang mit wertvollen Böden und Flächen bei der weiteren
Entwicklung des Landes, insbesondere die gezielte Abstimmung von Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen mit den betroffenen Landwirten.
- für die Fortsetzung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und
des Küstenschutzes“.
- für die Beibehaltung von Ausgleichszahlungen sowie des Thüringer
Kulturlandschaftspflegeprogramms (KULAP).
- für die Gleichberechtigung des Vertragsnaturschutzes mit dem administrativen
Naturschutz und notwendige Entschädigungsregelungen für dadurch entstehende
zusätzliche Auflagen.
- für die Schaffung eines wirklich ausreichenden wissenschaftlichen Vorlaufes zur
Feststellung und Abwägung von Chancen und Risiken der Gentechnik.
- für die Sicherung des qualifizierten Nachwuchses durch Werbung und qualifizierte,
möglichst heimatnahe Ausbildung.
Thüringen als „Grünes Herz Deutschlands“ verdankt in Vergangenheit und Gegenwart viel
seinem Wald, die Forstpolitik ist deshalb für Thüringen von besonderer Bedeutung. Die
weltweite Klimadiskussion, die wirtschaftliche Nutzung des Waldes, sein unser Land ganz
wesentlich prägender Charakter aber auch die regelmäßig wiederkehrenden Diskussionen um den
richtigen Umgang mit dem Wald, machen deutlich, dass wir ihm auch in Zukunft unsere ganze
Aufmerksamkeit widmen müssen:
- Das forstliche Ziel heißt „naturnaher Waldbau“, was nicht nur der Klimaentwicklung
geschuldet ist. Der Waldumbau ist, soweit möglich, zu beschleunigen, geeignete Standorte
sind im Hinblick auf die Verbesserung des örtlichen Klimas, der Verhinderung von
Erosion und der Verbesserung des Grundwasserschutzes und der Grundwasserhaltung
aufzuforsten. Fördermittel für Erstaufforstungen werden generell weiterhin ausgereicht.
- Die Verwertung des heimischen Rohstoffes Holz ist unter ökonomischen, aber auch
unter ökologischen Gesichtspunkten z.B. als Energieträger zu optimieren.
- Das Land muss sich den uneingeschränkten Zugang zum Wald als charakteristischem
Landschaftselement, als Ressource und wichtigem Umweltfaktor, als Ort für Tourismus,
Wanderung, Reitsport – also zur Erholung der Bürgerinnen und Bürger Thüringens
unbedingt erhalten.
Die Jagd in Thüringen hat Tradition. Neben der Nutzung des Wildes muss Jagd auch weiterhin
dem Tier- und Artenschutz und dem Seuchenschutz dienen. Bei verständiger
Wildbewirtschaftung ist zugleich den Interessen der Land- und Forstwirtschaft zu entsprechen.
Die Koppelung des Jagdrechts an das Grundeigentum muss unangetastet bleiben.
Drückjagden sind nur noch auf Schwarzwild zulässig. Auf anderes Schalenwild sind
Bewegungsjagden verboten.
Thüringen ist durch wenige größere Städte als Ballungsräume und einen flächenmäßig
überwiegenden Ländlichen Raum geprägt. Thüringen hat 998 Gemeinden mit 2,3 Mio.
Einwohnern. Fast die Hälfte davon lebt in den 933 Gemeinden mit weniger als 5.000
Einwohnern. Zugleich ist der Ländliche Raum geprägt von Überalterung und Abwanderung in
die größeren Städte, benachbarte Bundesländer oder sogar ins Ausland.
Dies liegt zum einen daran, dass vernünftig bezahlte, höherwertige Arbeitsplätze fehlen, zum
anderen an ungenügenden kulturellen Angeboten im Freizeitbereich. Hinzu kommt die sich nur
allmählich verbessernde Anbindung an die Oberzentren. Um langfristig die dauerhafte Verödung
ganzer Landstriche zu vermeiden, muss der Entwicklung des Ländlichen Raumes in Thüringen
auch in Zukunft besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Die FDP Thüringen tritt konsequent für eine Stärkung des Ländlichen Raumes in Thüringen ein.
Er muss wettbewerbsfähig bleiben, die Erwerbsmöglichkeiten dort müssen stetig weiter29
entwickelt werden, um kommunale und soziale Strukturen zu erhalten und die Abwanderung zu
stoppen. Der Ländliche Raum verfügt zugleich über eine hohe natürliche Ressourcenausstattung
und übernimmt damit wichtige ökologische und soziale Funktionen für Verdichtungsräume.
Thüringens Ländlicher Raum soll lebens- und liebenswert sein. Er ist ein wesentliches Element
der Lebensqualität in Thüringen.
Der Ländliche Raum
- muss durch den Erhalt und, soweit notwendig, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
gut erreichbar sein. Der ÖPNV ist zu optimieren und zu unterstützen.
- braucht eine Erschließungsinfrastruktur (z.B. Wasserver- und Abwasserentsorgung,
Straßenbau) die der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung der jeweiligen Region
angemessen ist. Insbesondere die Versorgung mit Breitbandkommunikation („schnelles
Internet“) muss schnellstmöglich flächendeckend hergestellt werden.
- braucht eine ausreichende Bildungsinfrastruktur. Schulnetzplanungen der Landkreise nur
mit Blick auf die Städte machen Kinder im Ländlichen Raum verstärkt zu Fahrschülern.
„Kurze Wege für kurze Beine“ wird ein Grundsatz liberaler Bildungspolitik sein.
- soll verstärkt bei Erweiterungen oder Modernisierungen von Betrieben aller Sparten und
Neuansiedlungen unterstützt werden.
- soll neben den Fördermaßnahmen des aktuellen EU-Programms ELER und der Gemeinschaftsaufgabe
zur „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für Land-,
Forst und Fischereiwirtschaft auch landesseitig im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten
weiterhin gefördert werden (z.B. Dorferneuerung, integriertes ländliches
Entwicklungskonzept, integrierte regionale Wirtschaftspolitik). Vorrangig sind
Anreizmechanismen, um Hilfe zur Selbsthilfe zu gewährleisten.
- soll bei der Tourismusvermarktung und -förderung durch das Land stärker
berücksichtigt und besser in die Gesamtvermarktung des „Grünen Herzens“
eingebunden werden. Noch manches historische Kleinod harrt der Entdeckung!
- soll vor Zersiedelung, Versiegelung und Verlusten wertvoller Bodenflächen durch
Ausgleichsmaßnahmen für urbane oder verkehrstechnische Großprojekte ebenso
geschützt werden wie vor einer Entstellung der Landschaft durch großtechnische Bauten,
wie z.B. Windkraftanlagen (WKA).
3.9 Bau und Infrastruktur - Entwicklung unterstützen statt behindern
Das grundsätzlich sinnvolle und wichtige Instrument der Bauleitplanung hat sich durch
komplizierte Genehmigungsprozesse und lange Verfahrensdauer zu einem Hemmnis für
Investoren und Bürger entwickelt.
Die Freien Demokraten setzen sich deshalb für eine weitere Vereinfachung und
Beschleunigung von Bauleitplanverfahren ein:
- Abrundungssatzungen und Klarstellungssatzungen treten künftig durch einfachen
Gemeinderatsbeschluss in Kraft ohne weitere Genehmigungspflicht (Ausnahme: die
generelle Prüfung durch die Kommunalaufsicht).
- Träger Öffentlicher Belange (TÖB), die aus mehreren Fachbehörden (wie z.B.
Landratsämter) bestehen, haben künftig die einzelnen Stellungnahmen der Fachbehörden
bzw. Abteilungen des TÖB zu einer Stellungnahme zusammenzufassen. Bei
widersprüchlichen Aussagen der einzelnen Fachbehörden hat die diesbezügliche
Abwägung untereinander in Zuständigkeit des TÖB zu erfolgen.
- Die FDP Thüringen setzt sich in der Bundesgesetzgebung dafür ein, dass
Fristverlängerungen bei TÖB–Beteiligung künftig entfallen. Eine derzeit gültige
vierwöchige Frist für die Beteiligung als TÖB ist so großzügig bemessen, dass eine
regelmäßige Verlängerung dieser Frist entbehrlich ist und Vorhaben behindert.
Die angebliche Vereinfachung der Thüringer Bauordnung (ThürBO) hat in der Praxis viel
Rechtsunsicherheit gebracht. Die ThürBO ist deshalb so fortzuschreiben, dass eine tatsächliche
Vereinfachung sowie Rechtssicherheit erreicht werden. Darüber hinaus ist der Zeitraum zu
verkürzen, nach dessen Ablauf ein beantragtes Vorhaben als genehmigt gilt, sofern bis zum
Ablauf dieser Frist kein anders lautender Bescheid eingeht (Genehmigungsfiktion).
Bei der Vergabe von öffentlichen Bauleistungen jeglicher Art darf nicht nur die Höhe des Preises
und der Qualität maßgebend sein. Ein wichtiger Faktor muss dabei auch die Bauzeit sein.
Verlierer zeitintensiver Baumaßnahmen sind hauptsächlich die Anwohner und die
Gewerbetreibenden.
Straßenausbausatzungen sind ebenfalls wichtig für das Lebensniveau und die Geldbörse der
Bürger. Gerechtigkeit zwischen Städten und Gemeinden muss garantiert sein. Bei der Festlegung
des Gemeinde-Anwohneranteils muss den örtlichen Räten nach ihren jeweiligen finanziellen
Möglichkeiten Freiheit gelassen werden.
Die Landesbauordnungen der Bundesländer müssen vereinheitlicht werden, um
Planungsprozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen und die bundesweite Tätigkeit von
Architekten zu erleichtern.
Die Thüringer FDP setzt sich für die Ausweitung der Anwendung von Genehmigungsfiktionen
im deutschen Baurecht ein. Durch die Schaffung einer Genehmigungsfiktion werden
Verwaltungsverfahren beschleunigt und Verwaltungskapazitäten sinnvoll konzentriert. Einfache
und typische Verfahren (zum Beispiel die Genehmigung von Einfamilienhäusern) können durch
die Genehmigungsfiktion zügig ohne intensivere Prüfung abgeschlossen werden.
Das Einvernehmen der Gemeinde gilt als erteilt, wenn es nicht binnen eines Monats verweigert
wird. Der Fristbeginn richtet sich nach dem Eingang des Ersuchens bei der Gemeinde.

4 Steuern, Finanzen und Haushalt
Die Bürgerinnen und Bürger verlieren zunehmend das Vertrauen in einen fairen und gerechten
Staat. Steuern werden nicht als angemessener Beitrag an der Finanzierung der staatlichen
Aufgaben wahrgenommen, im Gegenteil: sie werden als ungerecht und unangemessen
empfunden. Steuern sind nötig, ohne sie kann der Staat seine Aufgaben nicht erfüllen. Ihre
Erhebung muss aber gerecht erfolgen. Gerechte Besteuerung ist ein wesentlicher Aspekt der
Leistungsgerechtigkeit. Das ist Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit, für beides steht die FDP.
Wir wollen nicht durch immer höhere Steuerbelastungen immer höhere Transferleistungen
finanzieren, weil so die Leistungsanreize verringert und mehr Ungerechtigkeit herbeigeführt
werden. Unser Steuersystem ist zu kompliziert, leistungsfeindlich und daher ungerecht.
Aus diesem Grund ist eine Steuervereinfachung in allen Bereichen ein wesentliches Ziel der
FDP.
Wir wollen ein verständliches, gerechtes und faires Steuer- und Transfersystem erreichen,
mit einer konsequenten Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, Unterstützung bei Bedürftigkeit
– bei gleichzeitiger Förderung von Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative.
4.1 Leistungsgerechtes Bürgergeld
Wir fordern die Einführung des Liberalen Bürgergeldes mit dem Ziel, die Prinzipien der
Sozialen Marktwirtschaft wieder in Kraft zu setzen - für mehr Wachstum und Beschäftigung in
Deutschland.
Nach dem Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe soll der Sozialstaat jedem Bürger die Chance
sichern, so weit wie möglich aus eigener Kraft ein selbst bestimmtes Leben führen zu können.
Nach dem Leistungsprinzip soll jeder Bürger die Chance bekommen, seine Lebenssituation
eigenverantwortlich durch eigene Leistung zu verbessern. Nur ein Bürgergeld, welches sich strikt
an der Bedürftigkeit orientiert, erhält das Leistungsprinzip und sorgt so für Gerechtigkeit. Die
FDP lehnt eine Regelung ab, die Arbeitslose lediglich finanziell ruhig stellt, sie aus dem
Erwerbsleben aussondert und ihnen so die Chance auf eine Rückkehr in den Arbeitsprozess
verbaut.
Die FDP Thüringen steht für eine freiheitliche Wirtschaftsordnung, in der Eigenverantwortung
zählt. Das freie Zusammenwirken der Menschen führt, dank der ihnen gewährten Freiheit, zu
Wachstum und Wohlstand. Staat und Politik können sich nicht über ökonomische
Gesetzmäßigkeiten hinwegsetzen, um Wohlstand und Gerechtigkeit zu erreichen. Soziale
Sicherheit ist jedoch die Voraussetzung für Teilhabe an Freiheit. Es geht daher um bessere
Chancen für alle. Sie sind aber nur auf der Basis einer auf Beschäftigung und Wachstum
ausgerichteten Wirtschaftspolitik möglich, denn Glück lässt sich nicht als Sozialleistung
organisieren.
Mit dem liberalen Bürgergeld sollen möglichst viele steuerfinanzierte Sozialleistungen
(Arbeitslosengeld II (einschl. Leistungen für Wohnen und Heizen, Sozialgeld, Grundsicherung,
Sozialhilfe (ohne Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen), Kinderzuschlag und Wohngeld) in
einen Universaltransfer zusammengefasst werden. Das Bürgergeld wird vom Finanzamt
berechnet und ausgezahlt. Bedürftige erhalten Hilfe aus einer Hand! Voraussetzung für das
Bürgergeld sind Bedürftigkeit und Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme. Daher wird bei Ablehnung
einer zumutbaren angebotenen Arbeit das Bürgergeld gekürzt.
Bei der Berechnung des Bürgergeldanspruches werden alle Erwachsenen und Kinder einer
sogenannten Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt. Zur Bedarfsgemeinschaft zählen alle Personen,
die in einem Haushalt leben, soweit sie sich unterhaltsverpflichtet sind. Kinder erhalten dabei
einen eigenen Bürgergeldanspruch im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft. Zusätzliche Pauschalen
werden bei Nichterwerbsfähigkeit, für Ausbildung oder bei Behinderungen gewährt. Regionale
Besonderheiten bei den Wohnkosten können mit Zuschlägen berücksichtigt werden. In die
Berechnung einbezogen werden auch Steueransprüche, Kindergeldansprüche und gegebenenfalls
Zuschüsse zur Kranken- oder Pflegeversicherung.
Durch das Bürgergeld soll die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit stärker gefördert und
anerkannt werden, als bisher. Dazu soll die Anrechnung eigenen Arbeitseinkommens auf das
Bürgergeld wie folgt ausgestaltet werden:
- Für den erwerbsfähigen Alleinstehenden ohne Mehrbedarf wird ein Freibetrag von 100
Euro gewährt. Darüber hinaus bleiben von eigenem Einkommen bis 600 Euro 40
Prozent des Bruttoarbeitseinkommens anrechnungsfrei; von 600 Euro bis zum
Höchstbetrag des Bürgergeldes 60 Prozent des Bruttoarbeitseinkommens.
- Die private Altersvorsorge wird vor staatlichem Zugriff besser geschützt. Dazu soll das
Schonvermögen für private oder betriebliche Altersvorsorge einschließlich der Riesterund
Rürup-Renten verdreifacht werden und 750 Euro je Lebensjahr betragen. Zusätzlich
bleibt sonstiges Vermögen bis zu 250 Euro je Lebensjahr bei der Berechnung des
Bürgergeldes anrechnungsfrei.
- Wir wollen jede Erwerbstätigkeit fördern und sie gegenüber dem Erhalt von
Transferleistungen besser stellen. Wir wollen die Einkommensgrenze für Minijobs ohne
Abgaben von bisher 400 auf 600 Euro erhöhen. Bei Einkommen zwischen 600 und 1.000
Euro zahlt der Arbeitgeber gleitend ansteigende Sozialabgaben. Volle
Sozialversicherungsbeiträge sind bei Einkommen über 1.000 Euro zu entrichten.
- Je nach Höhe des Einkommens werden Sozialversicherungsbeiträge und Steuern fällig. In
Verbindung mit unserem Steuerkonzept wird sichergestellt, dass sich die Aufnahme einer
Arbeit immer lohnt – auch bei Aufnahme einer gering bezahlten Tätigkeit.
Die FDP ist gegen die Einführung von flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen. Sie führen
zu einer Verdrängung von Arbeitsplätzen und zur weiteren Ausbreitung der Schwarzarbeit. Unter
gesetzlichen Mindestlöhnen leiden vor allem Langzeitarbeitslose, denen nahezu jede Aussicht auf
eine neue Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt genommen wird. Reichen geringe Löhne nicht
aus um den Lebensunterhalt zu gewährleisten, greift unterstützend das Bürgergeld und sichert so
jedem Betroffenen das nötige Mindesteinkommen.
4.2 Gerechte Steuer – verständliche Regeln und ein einfacher Stufentarif
Für die Bürger muss das Steuerrecht wieder einfach und verständlich werden. Ausnahmen
müssen konsequent abgeschafft und alle Bürger entsprechend ihrer individuellen
Leistungsfähigkeit gleichmäßig und gerecht besteuert werden.
Die Kernpunkte des FDP-Modells einer einfachen, niedrigen und gerechten Besteuerung:
- Jedem Steuerbürger, seinem Ehegatten und seinen Kindern steht zunächst ein
Grundfreibetrag von 8.000 Euro zu. Das heißt, eine vierköpfige Familie zahlt bis zu
einem Einkommen von 32.000 Euro pro Jahr keine Steuern.
- Für Alleinstehende gilt: Für Einkommen bis 20.000 Euro sind 10 Prozent Steuern zu
zahlen, 25 Prozent fallen für den Einkommensteil zwischen 20.000 Euro und 50.000
Euro an, 35 Prozent für Einkommen darüber. Bei Ehegatten verdoppelt sich jeweils der
Betrag, ab dem der nächst höhere Steuersatz gilt.
- Arbeitnehmer können berufsbedingte Aufwendungen ohne Nachweis durch eine
Aufwendungspauschale von zwei Prozent der Einnahmen, mind. 200 Euro und
höchstens 5.000 Euro, geltend machen. Bei höheren Kosten ist der Einzelnachweis
möglich. Sämtliche Beiträge zur sozialen Absicherung sind bis zur Höhe der
Beitragsbemessungsgrenze uneingeschränkt abziehbar.
- Kinderbetreuungs- und Pflegekosten können bis zu 12.000 Euro pro Jahr gegen
Nachweis der Kosten steuerlich geltend gemacht werden. Werdende Eltern erhalten in
den drei letzten Monaten vor der Geburt ihres Kindes einen zusätzlichen Freibetrag von
2.000 Euro für die besonderen Belastungen.
Für Sparer und Kapitalanleger ist die Abgeltungssteuer grundsätzlich zu begrüßen. Der
Anlagestandort und Finanzplatz Deutschland wird wieder attraktiv. Die Kapitalflucht wird
gestoppt. Steuerhinterziehung bei Kapitaleinkünften wird in Deutschland unmöglich. Der
Steuerabzug an der Quelle macht übermäßige Kontrollverfahren überflüssig. Das Bankgeheimnis
erhält seinen hohen Stellenwert im Rechtsstaat zurück. Allerdings sind wir gegen die
Einbeziehung privater Veräußerungsgewinne in den Geltungsbereich der Abgeltungssteuer, weil
dadurch insbesondere die Altersvorsorge beeinträchtigt wird. Die bestehenden Regelungen sind
diesbezüglich zu reformieren.
Einkommenssteigerungen führen wegen des progressiven Tarifverlaufs zu höheren Steuersätzen
und damit zu Steuerbelastungen. Um eine inflationsbedingte „kalte Progression“ zu verhindern,
fordern wir eine Verpflichtung zur Überprüfung und ggf. Anpassung des steuerlichen
Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags und des Steuertarifs im Abstand von zwei Jahren.
4.3 Gerechte Steuern für Unternehmen
Für die Unternehmen wird ein international wettbewerbsfähiges und rechtsformneutrales
Steuerrecht geschaffen. Die Unternehmen sollen ihre wirtschaftlichen Entscheidungen
unbeeinflusst vom Steuerrecht treffen können. Umwandlungen sollen ohne Besteuerung der
stillen Reserven durchgeführt werden können, solange keine Entnahme zum privaten Gebrauch
stattfindet.
Die Gewerbesteuer wird abgeschafft. Die Gemeinden erhalten eine sichere und planbare
Ersatzfinanzierung, die neben einem gleichen Zuschlag auf die Einkommen- und
Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatzrecht eine Anhebung des gemeindlichen Anteils an der
Umsatzsteuer von derzeit 2,2 Prozent auf 12 Prozent vorsieht.
Um gerade in der Krise Investitionen von privaten Unternehmen zu unterstützen, fordern wir die
Wiedereinführung der degressiven Abschreibung und der Sofortabschreibung geringwertiger
Wirtschaftsgüter, einschließlich deren Anhebung auf 1.000 Euro.
Unsere Vorschläge stärken den Mittelstand und machen derzeitige komplizierte
Tariferleichterungen wie die Thesaurierungsrücklage überflüssig.
Die Neuregelung des Erbschaftssteuerrechts der sog. Großen Koalition ist familien- und
mittelstandsfeindlich. Jeder Euro, der heute vererbt wird, stammt aus versteuertem Einkommen
und ist bereits mehrfach besteuert. Auch Vermögenserträge in Form von Zinsen werden
steuerlich erfasst. Für die nachfolgenden Generationen und die Attraktivität des Investitions- und
Kapitalanlagestandorts Deutschland wollen wir nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten
wie Schweden oder Österreich einen vollständigen Verzicht auf die Erhebung von
Erbschaftsteuer erreichen. Dies kann für Thüringen ein Wettbewerbsvorteil bei der Ansiedlung
oder auch Umsiedlung mittelständischer Unternehmen aus Ländern, in denen eine
Erbschaftssteuer erhoben wird, sein.
Wir fordern, dass die Umsatzsteuer für Ausgangsumsätze generell erst dann anzumelden und
abzuführen ist, wenn der Unternehmer das Geld vom Leistungsempfänger erhalten hat. Die
Einführung der umfassenden Ist-Versteuerung auf der Ausgangsseite vereinfacht das
Umsatzsteuerverfahren und dürfte eine Erleichterung für viele Unternehmen sein, die heute über
schlechte Zahlungsmoral auch der öffentlichen Hand klagen. Von der Umstellung profitieren alle
Unternehmen.
Für Bergbahnen und Sessellifte gilt ab dem 1.1.2012 ein ermäßigter Steuersatz von sieben
Prozent, für wichtige Dinge des täglichen Bedarfs wie Arzneimittel oder Energie dagegen
weiterhin der Regelsteuersatz von 19 Prozent. Die Deutsche Post wird steuerlich privilegiert
gegenüber ihren Konkurrenten, für land- und forstwirtschaftliche Betriebe kommen u.U. weitere
Sätze von 5,5 Prozent und 10,7 Prozent zur Anwendung. Selbst die Steuerpflichtigen wissen oft
nicht, für welches ihrer Produkte welcher Steuersatz gilt. Wir fordern daher eine generelle
Überprüfung aller geltenden Umsatzsteuersätze und Ausnahmeregelungen mit dem Ziel eines
einfacheren und transparenteren Umsatzsteuersystems.
4.4 Haushaltskonsolidierung und Finanzverwaltung
Für den Staatshaushalt – egal ob Bund, Länder oder Gemeinden – muss grundsätzlich gelten: Die
Ausgaben richten sich nach den Einnahmen, nicht umgekehrt. Eine investitions- und
leistungsfreundliche Steuerpolitik muss mit einer soliden Haushaltspolitik verbunden werden.
Steuervereinfachungen bringen Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Zusätzlich fordern
wir die Einführung eines Neuverschuldungsverbotes.
Die Bevölkerung Thüringens ist seit der Wiedervereinigung um eine halbe Millionen Einwohner
auf derzeit 2,2 Mio. Einwohner geschrumpft. Die Schulden des Freistaats entwickelten sich
dagegen seit 1992 von rund 1,5 Milliarden Euro auf den Rekordstand von ca. 16 Milliarden Euro
im Jahr 2008. Beide Faktoren zusammen, der Bevölkerungsschwund einerseits und die
Schuldensteigerung andererseits bewirken, dass die Pro-Kopf-Verschuldung in Thüringen von
600 Euro im Jahre 1992 auf nunmehr über 7.000 Euro geklettert ist.
Die Verfassung bindet bisher die Aufnahme von Schulden an das Volumen staatlicher
Investitionen. Da der grundgesetzliche Investitionsbegriff unklar ist und weder
Finanzinvestitionen noch pure Ersatzinvestitionen ausgeklammert, weil außerdem
Desinvestitionen nicht in Abzug gebracht werden, ist diese Berechnung der Schuldengrenze
weder ökonomisch vertretbar noch in der Praxis wirksam. Zudem kann für den Fall einer
„Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ auch diese ohnehin sehr weiche Grenze
legal überschritten werden.
Es war überfällig, dass die Landesregierung die Forderung der FDP nach einem prinzipiellen
Neuverschuldungsverbot aufgegriffen hat, wonach es nur noch in besonderen Situationen
möglich sein darf, neue Schulden zu machen. Für uns steht fest, dass es keine Alternative zum
Sparkurs gibt, wenn wir nicht die Zukunft der jüngeren und zukünftigen Generationen aufs Spiel
setzen wollen.
Die Einnahmen Thüringens aus Bundes- und EU-Mitteln werden sich in den nächsten zehn
Jahren deutlich verringern. Diese Mindereinnahmen müssen durch ein erhöhtes
Steueraufkommen und durch eine konsequente Ausgabenreduzierung kompensiert werden, um
die Handlungsunfähigkeit des Landes nicht durch weitere Verschuldung noch mehr zu
gefährden.
Die jährlichen Zinszahlungen auf die angehäuften Schulden in Höhe von 700 Mio. Euro sind
eine der Ursachen für das strukturelle Defizit im Landeshaushalt. Das Land ist
betriebswirtschaftlich betrachtet überschuldet. Diese Feststellung trifft unabhängig davon zu,
ob auf Grund konjunktureller Einflüsse das Steueraufkommen vorübergehend steigt oder sinkt.
Das finanzielle Gleichgewicht des Landes kann nicht durch zeitweise steigende Einnahmen,
sondern muss durch dauerhafte Senkung des Ausgabenniveaus hergestellt werden.
Einnahmen
Steuern und Abgaben stellen einen großen Teil der Einnahmen des Landes Thüringen dar. Im
Haushaltsjahr 2007 waren dies bei einem Gesamthaushalt von rund neun Milliarden Euro rund
4,1 Milliarden Euro. Das heißt, weniger als die Hälfte der Ausgaben des Landes ist durch eigenes
Steueraufkommen gedeckt. Für 2009 sieht der Entwurf entsprechend der Steuerschätzung
Einnahmen in Höhe von ca. fünf Milliarden Euro vor. Ob dies angesichts der Krise realistisch
ist, darf bezweifelt werden.
Die FDP ist der Auffassung, dass es ständiges Ziel sein muss, bei den Haushaltseinnahmen
sowohl die absolute Summe der Steuern als auch den Anteil der Steuern an den
Gesamteinnahmen zu erhöhen, allerdings nicht durch die Erhöhung einzelner Steuern, sondern
durch die Stärkung der Steuerkraft der Wirtschaft, durch Schaffung und Sicherung von
Arbeitsplätzen in Thüringen und durch eine stabilere Bevölkerungsentwicklung, wodurch
Thüringen in Summe letztlich mehr Einnahmen erzielen wird.
Ausgaben
Subventionen müssen abgebaut werden. Im Subventionsbericht der Landesregierung sind neben
klassischen Subventionen auch die verschiedenartigsten Fördertatbestände erfasst. Das bisherige
Gesamtfördervolumen kann sich Thüringen aber nicht mehr leisten, weil es neue Prioritäten
verhindert und den Schuldenstaat zementiert. Trotzdem muss es auch künftig finanzielle Hilfen
des Landes geben – zum Beispiel im Sozialbereich, für Kunst und Kultur, für den Nahverkehr,
zur Unterstützung von Existenzgründern. Unser Ziel ist es, alle Fördertatbestände Thüringens
auf den Prüfstand zu stellen, im Hinblick auf ihre Effizienz und Effektivität zu evaluieren, soweit
wie möglich zu befristen und im Gesamtvolumen zu verringern.
Wer die öffentlichen Ausgaben den ordentlichen Einnahmen anpassen will, kommt nicht umhin,
den Personalbestand des Landes zu verringern. Eine langfristig wirksame weitere Verringerung
der Personalkopfzahl ist im Interesse des finanziellen Gleichgewichts des Landes unerlässlich. Sie
ist aber bei unverändertem Aufgabenzuschnitt nicht möglich, sondern produziert vielmehr
Fehler, Frust und Leistungsverlust bei den Beschäftigten. Der oft und gern geäußerten
pauschalen Kritik an den Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes schließt sich die
FDP deshalb ausdrücklich nicht an.
Eine konsequente Aufgabenkritik ist als Grundlage einer Diskussion über den Personalbestand
unerlässlich. Während die CDU-Landesregierung seinerzeit zuerst die Struktur der Behörden
änderte und dann die Aufgabenkritik durchführte, wollen die Liberalen auf der Grundlage der
Ergebnisse der Aufgabenkritik den künftigen personellen und sachlichen Zuschnitt von
Ministerien und Behörden festlegen. Dabei sind alle Aufgaben u.a. daraufhin zu überprüfen, ob
sie überhaupt zum Bereich staatlicher Pflichten gehören und – wenn ja – ob ihre Umsetzung an
Dritte vergeben werden kann. Dabei geht es um „echte“ Privatisierungen und nicht nur
Organisationsprivatisierungen wie von der derzeitigen Landesregierung favorisiert.
Beteiligungen Thüringens die - ganz oder im bisherigen Umfang – im Landesinteresse nicht
erforderlich sind, werden planmäßig und nach Maßgabe der Marktmöglichkeiten veräußert. Wir
werden dafür sorgen, dass Thüringen eine Beteiligungsstrategie entwickelt. Jede bestehende
Landesbeteiligung wird darauf untersucht, ob sie im Landesinteresse – und wenn ja, im
bisherigen Umfang oder eventuell mit einem geringeren Anteil – überhaupt noch sinnvoll ist.
Neue Beteiligungen werden nur erworben, wenn vorher ein politisch definierter Kriterienkatalog
abgearbeitet wurde. Für individuelle Vorlieben gibt es keinen Raum.
Kommunalfinanzen
Die kommunale Selbstverwaltung wird immer wieder durch staatliche Eingriffe, zentralistische
Lenkungsmaßnahmen und Aufgabenzuweisungen ohne gleichzeitige Sicherstellung der zu deren
Umsetzung erforderlichen Mittelausstattung untergraben.
Wir bekennen uns ausdrücklich dazu, die Autonomie der kommunalen Ebene zu unterstützen
und auszubauen. Die Prinzipien der Subsidiarität (jede Aufgabe wird auf der für sie am besten
geeigneten Ebene erledigt) und der Konnexität (keine Zuweisung von Aufgaben ohne
finanziellen Ausgleich) sind strikt zu befolgen.
Die Tatsache, dass zahlreiche kreisangehörige Städte und Gemeinden sowie die meisten Kreise
und kreisfreien Städte nicht in der Lage sind, ihren Verwaltungshaushalt auszugleichen, ist ein
Indiz dafür, dass die Finanzausstattung der kommunalen Ebene vom Grundsatz her überprüft
und neu konzipiert werden muss. Die FDP hat ein eigenständiges und schlüssiges Konzept zur
bundesweiten Reform der Kommunalfinanzen entwickelt, das folgende Kernelemente beinhaltet:
- Abschaffung der überholten, stark schwankenden, schwer prognostizierbaren und
mittelstandsfeindlichen Gewerbesteuer,
- Einführung eines kommunalen Hebesatzrechtes auf die Einkommens- und
Körperschaftssteuer im Rahmen der von den Liberalen vorgeschlagenen Gesamtreform
der direkten Steuern einschließlich der Unternehmensbesteuerung,
- erheblich ausgeweitete Beteiligung der Kommunen am Umsatzsteueraufkommen,
- Zuweisung der Umsatzsteuer nach den in der Kommune bestehenden
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Die Thüringer Liberalen stehen für einen haushaltspolitischen Paradigmenwechsel, für eine
Thüringengerechte Finanzpolitik, die die Einnahmen aus Steuern und Abgaben als
treuhänderisches Vermögen der Bürgerinnen und Bürger betrachtet, das gemeinwohlorientiert
und gewinnbringend zu verwenden ist.
Dieser Politikansatz ist nicht auf eine Legislaturperiode beschränkt, sondern ein langfristig
angelegtes Politikkonzept mit Blick auf das Jahr 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft und
Thüringen erheblich weniger Einnahmen aus der gesamtstaatlichen Umverteilung erhält.
Liberale Haushalts- und Finanzpolitik bedeutet Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit und
Zielgenauigkeit.
- Verlässlichkeit heißt: Zusagen des Staates werden eingehalten. Aber auch, dass
Prioritäten bei der staatlichen Aufgabenerfüllung gesetzt werden, um Wichtiges und
Notwendiges von Wünschenswertem zu trennen.
- Nachhaltigkeit bedeutet: Denken in Generationen und nicht nur im Hier und Heute.
Bei den Ausgaben ist daher der Infrastruktur und den Investitionen Vorrang vor dem
Konsum einzuräumen. Langfristiger Nutzen geht vor Strohfeuereffekt.
- Zielgenauigkeit meint: Die Maßnahmen, für die Geld eingesetzt wird, sind hinsichtlich
des Umsetzungserfolges zu kontrollieren. Erfolgskontrolle darf nicht nur auf dem Papier,
sondern muss auch in der Praxis stattfinden.
Wer den Thüringer Liberalen sein Steuergeld anvertraut, kann sich darauf verlassen, dass es
effektiv und verantwortungsbewusst zum Einsatz kommt.

5 Kultur und Medien
5.1 Kultur mit internationalem Anspruch
Durch seine Geschichte verfügt Thüringen über eines der dichtesten Netze von Theatern,
Orchestern, Museen, Burgen und Schlössern in Deutschland. Dieses unverwechselbare Erbe ist
einer der stärksten Standortfaktoren unseres Landes. Dies zu erhalten und für die Nachkommen
zu sichern ist Verpflichtung und Herausforderung, es erfordert besondere Anstrengungen. Eine
auf den Erhalt unserer kulturellen Lebensgrundlagen ausgerichtete Kulturpolitik ist
Thüringengerechte Politik.
Kultur ist Vielfalt. Kultur gehört allen. Kultur prägt unser Leben, macht es schön und
abwechslungsreich. Kultur begegnet uns täglich nicht nur in Film, Theater oder Oper. Kultur ist
Bildungs-, Wirtschafts- und damit Standortfaktor und spielt bei der Bekämpfung der
Abwanderung und der Förderung der ländlichen Regionen eine zentrale Rolle.
Von der Kulturwirtschaft partizipieren nicht nur die Künstler, sondern die unterschiedlichsten
mittelständischen Unternehmen wie Verlage, Druckereien, Buchbindereien, Werbe- und
Künstleragenturen, Kunsthandwerker, alle touristischen Bereiche und der Einzelhandel.
Es sind die Kommunen, die zunächst für alle Formen der kulturellen und künstlerischen
Entwicklung vor Ort Verantwortung tragen. Die Kulturförderung bietet im Rahmen der
kommunalen Selbstverwaltung Freiräume für die Ausprägung der Identität eines Ortes an.
Deshalb sollte bei kommunalen Entscheidungen im Kulturbereich neben ökonomischen
Erwägungen noch stärker als bisher die Auswirkung auf die Lebensqualität der Bürger und ein
vielfältiges Kulturangebot beachtet werden. Auch hier gilt es, die Lebensqualität zu steigern, um
der Abwanderung zu begegnen.
Deshalb werden wir Liberalen Schwerpunkte bei der öffentlichen Kulturförderung setzen. Die
Fördermodelle in Thüringen müssen einfacher, transparent und ressortübergreifend sein. Dies
gilt vor allem bei der kulturellen Jugendbildung.
Neue Betriebs- und Organisationsformen der Kulturwirtschaft müssen in die Förderung
einbezogen werden. Dies gilt auch für freie Träger kultureller Angebote.
Vom Land getragene Kultureinrichtungen sollen auf dem Wege von Zielvereinbarungen
langfristige Planungssicherheit erhalten, was eine wirtschaftliche Erfolgskontrolle einschließt.
Die FDP Thüringen setzt sich ein:
- für Musik- und Kunstunterricht an den Schulen in allen Jahrgangstufen, der dort
verpflichtend stattfindet,
- für ein Projekt „Jedem Kind ein Instrument“, z.B. durch die verstärkte Einführung von
Musikinstrumenten-Klassen in den Schulen,
- für die Etablierung alternativer Betriebsformen, wie z.B. Stiftungen und gemeinnützige
GmbHs, im Bereich der staatlich geförderten Kulturinstitutionen.
Dennoch wird bei der künftigen Thüringer Kulturpolitik nicht allein das Land in die Pflicht
genommen. Auch die Theater und Orchester müssen ihren Teil zum Erhalt beitragen. Hierzu
gehören eine Theater- und Orchesterplanung ebenso, wie weitere strukturelle Reformen
innerhalb der Orchester und Theater. Die Sicherung der finanziellen Grundausstattung darf nicht
als Freibrief verstanden werden. Aus Sicht der Thüringer Liberalen sind Wettbewerb und Wirtschaftlichkeit Faktoren, die das Publikumsinteresse heben und andererseits die Position der
Theater und Orchester stärken können.
5.2 Denkmalschutz
Im Land der Burgen, Schlösser und Denkmale messen die Thüringer Liberalen dem
Denkmalschutz besondere Bedeutung bei. Die Erhaltung und Pflege des architektonischen und
archäologischen Erbes ebenso wie von Natur- und Flächendenkmälern bewahrt den
unverwechselbaren Charakter Thüringens. Denkmäler sind zentrale Bestandteile unserer
geschichtlichen und kulturellen Identität. Gleichzeitig ist Denkmalschutz ein Faktor regionaler
Wirtschaftspolitik, denn intakte historische Stadtkerne sind attraktive Standorte für Einzelhandel
und Kleingewerbe. Intakte Landschafen sowie Naturmonumente sind attraktive Ziele für den
Fremdenverkehr.
5.3 Medien
Thüringen ist das Kindermedienland und ein Medienkompetenzland mit vielen lokal geprägten
Medienwelten. Diese Stärke ist allerdings weitgehend unbekannt. Deshalb unterstützt die FDP
den Auf- und Ausbau besserer Vermarktungs- und Vernetzungsstrukturen sowie weitere
Existenzgründungen von Medienunternehmen. Liberale Medienpolitik bekennt sich zum
technischen Fortschritt und zur medialen Vielfalt. Die FDP will ein Miteinander von öffentlichrechtlichem
Rundfunk, privaten Anbietern und Bürgermedien – wie Offene Kanäle, und
nichtkommerzielle Radios – gewährleisten.
Die FDP ist für eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei
Beibehaltung des Dualen Systems und der föderalen Strukturen: Werbefreiheit, klare Definition
des Programmauftrags, einheitliche Qualitätsmaßstäbe, Sparsamkeit und eine einheitliche
Aufsicht über alle Rundfunkanbieter beim Jugendmedienschutz.
Der Prozess der Digitalisierung ist zu beschleunigen. Eine flächendeckende Versorgung mit
Breitband-Internetzugang ist zu gewährleisten.
Wir sind für eine Medienabgabe anstelle der bisherigen Rundfunkgebühr. Wir setzen uns für die
Abschaffung der bestehenden Geräte bezogenen Rundfunkgebühr und die Einführung einer
gerechten allgemeinen Medienpauschale in Höhe von acht bis zehn Euro für jeden volljährigen
Bürger ein. Denn Medienkonsumenten sind inzwischen alle. Diese Rundfunkabgabe soll
unabhängig von der Anzahl betriebener Geräte sein. Unternehmer und öffentliche Einrichtungen
werden so spürbar entlastet. Zudem haben Schwarzseher keine Chance, da die Zahlung direkt an
das zuständige Finanzamt zu entrichten ist. Bis zu dieser Umstellung setzt sich die FDP
Thüringen für eine Änderung der GEZ-Gebührenabrechnung bei Pensionen und Hotels ein. Die
Abrechnung muss sich nach der tatsächlichen Zimmerauslastung richten. Abgeschafft wird die
derzeit geltende Zahlung pauschal nach Anzahl der gemeldeten Zimmer, die die tatsächliche
Auslastungsquote unberücksichtigt lässt.
Die FDP Thüringen wendet sich gegen die Übermittlung persönlicher Daten an die GEZ durch
die Einwohnermeldeämter. Die FDP wird die Weitergabe der Daten an die GEZ verbieten und
unter Strafe stellen.

6 Gesundheit, Familie und Sozialpolitik
6.1 Thüringengerechte Gesundheitspolitik
Die Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen. Allerdings hat sich in den letzten Jahren
durch verfehlte Gesundheitspolitik der rot-grünen wie auch der schwarz-roten Bundesregierung
die Gesundheitsversorgung in Deutschland und Thüringen verschlechtert. Leidtragende dieser
Politik sind vor allem die Patienten, die sich mit den Folgen der Rationierung und Zuteilung
konfrontiert sehen.
Die flächendeckende Versorgung mit Allgemeinmedizinern wird in Thüringen zunehmend
ein großes Problem: Viele niedergelassene Ärzte finden für ihre Arztpraxen keine Nachfolge
mehr. Junge Mediziner wollen oftmals nicht das Risiko einer unplanbaren Selbständigkeit
eingehen, und ziehen lukrative Berufsangebote aus anderen Ländern den Aussichten auf
schlechte Entlohnung in Thüringen vor. Das In- und Ausland wirbt junge, in Thüringen
ausgebildete Mediziner ab, die der ambulanten und stationären Versorgung hier bei uns verloren
gehen. Hinzu kommen die auch im Gesundheitswesen ausufernde Bürokratie, unsachgemäße
finanzielle Eingriffe mit denen die medizinische Versorgung von Patienten erschwert wird,
immer weniger Entscheidungsfreiheit für Patienten und Mediziner sowie immer schlechtere
Rahmenbedingungen für Apotheken, Arzneimittelforschung und Produktion.
Trotz dieser Entwicklungen können Arbeitsplätze im Gesundheitswesen und in der
Gesundheitswirtschaft auch in Thüringen entstehen. Dazu müssen aber die Interessen der
Patienten und Versicherten, aber auch der im Gesundheitswesen Arbeitenden in den Mittelpunkt
rücken. Liberale Gesundheitspolitik bedeutet, Freiheit und Eigenverantwortung von Patienten
und aller Akteure im Gesundheitswesen zu stärken.
Die Thüringer FDP will das Gesundheitssystem anhand folgender Kriterien gestalten:
- Anreize für alle Beteiligten, sich wirtschaftlich zu verhalten und Schaffung von Effizienz
durch Belebung des Wettbewerbs in einem kartellrechtlich vorgegebenen
Ordnungsrahmen. Das bedeutet: nicht sachfremd zu budgetieren und so die Versorgung
der Patienten zu gefährden.
- Bürokratieabbau. Alle Instrumente und Maßnahmen der Bürokratie gehören auf den
Prüfstand.
- Gesundheitsausgaben von den Lohnkosten entkoppeln. Angesichts der hohen
Arbeitslosigkeit muss sich jede Reform daran messen lassen, ob sie die Situation auf dem
Arbeitsmarkt verbessert und dazu beitragen kann, Arbeitsplätze zu sichern und neue
entstehen zu lassen. Die Gesundheitsausgaben müssen deshalb von den Lohnkosten
entkoppelt werden. Der Arbeitgeberbeitrag ist festzuschreiben und soll als
Lohnbestandteil an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden.
- Generationengerechtigkeit bedeutet die Notwendigkeit und die Möglichkeit, in
jüngeren Jahren Reserven für die Zeit zu bilden, in der mehr Gesundheitsleistungen
benötigt werden.
- Wettbewerb stärken. Die Krankenversicherung muss im Rahmen des allgemeinen
Wettbewerbsrechts mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen, als das nach heutigem
öffentlichem Recht möglich ist. Der Status der Körperschaften öffentlichen Rechts sollte
deshalb entfallen. Im gleichen Zuge muss der Wettbewerb auf der Seite der
Leistungsanbieter gestärkt werden. Effizienzreserven sind nach all den Jahren der
Kostendämpfungen nicht mehr über Budgetierungsvorgaben des Gesetzgebers zu
realisieren, sondern durch mehr Eigenverantwortung und durch die Verbesserung von
Behandlungsabläufen und Behandlungsstrukturen.
- Vertragsfreiheit, Therapiefreiheit und freie Arztwahl. Die FDP hat mit ihrem
Dresdner Beschluss ein Konzept vorgelegt, das diese Kriterien berücksichtigt. Die FDP
will Krankenversicherungsschutz mit sozialer Absicherung für alle bei freier Wahl der
Versicherung durch die Versicherten.
- Transparenz für Patienten. Die FDP setzt sich dafür ein, dass jeder Patient einen
Überblick über die Höhe der Kosten seiner Behandlung erhält. Dazu wird ihm ein Beleg
ausgestellt, der ihn über die konkreten Aufwendungen unterrichtet. Dem Versicherten
wird frei gestellt, nach Überprüfung des Belegs selbst zu bezahlen oder seine
Versicherung damit zu beauftragen. Das schafft die Grundlage für eine faire und
transparente Vertragsbeziehung zwischen Patient und Arzt. Durch die Direktbeziehung
zwischen Patient und Leistungserbringer ermöglicht die Kostenerstattung eine freie
Entscheidung für eine frei wählbare Versorgungsform. Die jetzige, seit 1. Januar 2004
geltende halbherzige Wahl der Kostenerstattung für alle gesetzlich Versicherten, ist eine
Farce. Die damit verbundenen restriktiven Regelungen verhindern die freie Wahl der
Versorgung durch die Versicherten, weil niemand es wagt, die Kostenerstattung frei zu
wählen.
Wir sprechen uns für ein freiheitliches Gesundheitssystem mit einem sozial flankierten frei
wählbaren Krankenversicherungsschutz für alle aus. Eine Pflicht zur Versicherung für
medizinisch notwendige Leistungen. Jeder Bürger ist verpflichtet, bei einem Krankenversicherer
seiner Wahl einen Gesundheitsversicherungsschutz abzuschließen, der zumindest die vom
Gesetzgeber vorgegebenen Regelleistungen umfasst. Bei den Regelleistungen handelt es sich um
medizinisch unbedingt notwendige Leistungen. Sie entsprechen weitgehend dem heutigen GKVLeistungskatalog.
Altersrückstellungen sorgen dafür, dass die Finanzierung der
Gesundheitskosten über den gesamten Lebenszeitraum hinweg gleichmäßiger verteilt wird.
Damit haben die Versicherten die Möglichkeit, ihren Versicherungsschutz frei zu wählen. Jeder
Versicherte kann oberhalb des Katalogs von Regelleistungen zwischen verschiedenen Paketen
von Leistungen wählen, auf die er im Versicherungsfall zusätzlich Anspruch hat. Er zahlt dann
eine entsprechende Zusatzprämie. Die Versicherten sind frei darin, die Höhe der
Eigenbeteiligung im Rahmen der privaten Tarife selbst zu bestimmen.
Wettbewerb ist ein Gestaltungselement auf allen Ebenen des Gesundheitswesens, das vor allen
Dingen der Sicherstellung von Effizienz und Versorgungsqualität dient. Er muss weitaus stärker
als heute auf der Ebene der Krankenversicherer und der Leistungserbringer zum Vorteil der
Versicherten und Patienten zum Tragen kommen. Auch zwischen den
Versicherungsunternehmen muss Wettbewerb bestehen. Das setzt eine Wechselmöglichkeit ohne
Nachteile für die Versicherten wegen der Altersrückstellungen voraus. Die
Versicherungsunternehmen haben kein Kündigungsrecht, damit lebenslanger Versicherungsschutz
garantiert ist.
Jeder Bürger hat von Geburt an einen Anspruch darauf, im Umfang der Regelleistungen
unabhängig von seinem Gesundheitszustand ohne Risikozuschläge versichert zu werden. Die
Regelleistungsprämie für die Kinder wird über das Steuersystem ebenso finanziert wie Kosten,
die mit Schwangerschaft und Mutterschaft verbunden sind. Jede Versicherung wird verpflichtet
sein, jeden Bürger mindestens mit den Regelleistungen zu versichern, so dass kein Bürger ohne
Versicherungsschutz bleibt. Dazu muss jedes Versicherungsunternehmen einen Pauschaltarif
mit Kontrahierungszwang anbieten, der diese Regelleistungen abdeckt und der weder nach
Geschlecht noch nach sonstigen Kriterien differenziert. Risikoprüfungen und
Risikozuschläge sind in diesem Tarif nicht zulässig. Zudem wird jeder Bürger der nicht in der
Lage ist, die Prämie für den Pauschaltarif und den Selbstbehalt aus eigenen Kräften aufzubringen,
durch staatliche Transfers in entsprechendem Umfang unterstützt werden.
Liberale Gesundheitspolitik bedeutet zunächst Hilfe zur Selbsthilfe. Sie will die Menschen darin
unterstützen, ihre Gesundheit zu erhalten oder wiederherzustellen und sich dabei ihrer
Verantwortung für die eigene Gesundheit bewusst zu sein. Um der absehbaren demografischen,
finanziellen und medizinischen Entwicklung Rechnung zu tragen, ist eine Verbesserung der
Organisationsstruktur für die Versorgung Schwerkranker unumgänglich – insbesondere durch
ambulante Hospiz- und Palliativdienste sowie Palliativstationen. Die FDP hat sich schon in den
letzten Jahren für die Gründung von Palliativnetzwerken eingesetzt.
Der Gesundheitsfond belastet die Rentner im Freistaat mit einem Mehrbetrag von 85 Millionen
Euro pro Jahr, der zu fünfzig Prozent von ihnen selbst zu schultern ist und deren andere Hälfte
durch die Rentenkassen, sprich über Steuereinnahmen, beglichen wird. Rentenbezieher
profitieren jedoch nicht von der Absenkung der Arbeitslosenversicherungs-Steuer.
Betriebsrentner, die seit 2004 den vollen Krankenversicherungsbeitrag zu entrichten haben
werden überproportional belastet. Schon jetzt können die Krankenkassen nicht kalkulieren, ob
ein Zusatzbeitrag erhoben werden muss, um überhaupt Kosten deckend zu arbeiten. Die FDP
Thüringen fordert daher, Einkommen bis zu 800 Euro gänzlich von etwaigen Zusatzbeträgen zu
befreien.
Außerdem fordern wir die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf sieben
Prozent. Damit ließen sich bis zu drei Milliarden Euro jährlich einsparen. Auf Beitragsprozente
umgerechnet ergeben sich 0,2 bis 0,3 Prozent mögliche Senkung für den Krankenkassenbetrag.
Wir Liberale wollen die beste Gesundheitsversorgung für unsere Kinder von Geburt an. Dazu
gehören verpflichtende U-Vorsorgeuntersuchungen, alle notwendigen Impfungen, eine
intensive Schuleingangsuntersuchung und eine schulärztliche Begleitung. Spezielle klinische
Versorgungsabteilungen für Kinder und Jugendliche müssen von teils sehr undifferenzierten
Abrechnungsbedingungen der Fallpauschalen ausgenommen werden.
Die FDP setzt sich für den flächendeckenden Erhalt der ambulanten ärztlichen
Versorgung ein. Ärztliche Versorgung umfasst sowohl den Hausarztbereich als auch die
fachärztliche Diagnostik und Betreuung. Versuche, diese fachärztliche Betreuung auszudünnen
mit dem Ziel, sie nur noch an Krankenhäusern mit angeschlossenen Polikliniken oder
medizinischen Versorgungszentren durchführen zu lassen, lehnt die FDP ab. Hier drohen
Wartelisten und Rationierung sowie eine Einschränkung bei der freien Arztwahl.
Gute ambulante Leistungen können aber nur erbracht werden, wenn sowohl die
Eigenverantwortung der Patienten gestärkt wird, als auch eine überschaubare adäquate
Vergütung der Leistungserbringer sichergestellt ist. Es ist nicht akzeptabel, dass niedergelassene
Ärzte rückwirkenden „Ausgleichszahlungen“ und Regressforderungen ausgesetzt sind. Ebenso
ist klar, dass zeitnahe Abrechnungen notwendig sind, um auch als Arzt betriebswirtschaftlich
planen zu können.
Die FDP Thüringen unterstützt die Forderung der Thüringer Vertragszahnärzte nach einer
Honorarangleichung an das Westniveau. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, die Zahnärzte
von der bei den Ärzten bereits vollzogenen Angleichung auszunehmen.
Die FDP befürwortet die Selbstverwaltung. Allerdings ist es unhaltbar, dass die Gesetzlichen
Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen immer länger für ihre
Vereinbarungen brauchen. Häufiger sind sogar Schiedssprüche notwendig, die noch dazu
monatelang nicht umgesetzt werden.
Die FDP begrüßt das Ziel, Patienten nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“ zu behandeln.
Für eine ambulante Operation darf jedoch nicht nur die Art der Operation entscheidend sein,
dazu gehört auch, dass die Betreuung zu Hause sicher gestellt ist. Ambulantes Operieren entlastet
den stationären Bereich und ist außerdem kostengünstiger. Jedoch müssen die im stationären
Bereich eingesparten Gelder auch tatsächlich für die Vergütung ambulanter Operationen zur
Verfügung stehen. Einer Verlagerung der Kosten auf den ambulanten Sektor treten wir
entschieden entgegen.
Auch im stationären Bereich muss es dem Patienten möglich sein, das Krankenhaus seines
Vertrauens frei zu wählen. Jedes Krankenhaus ist inzwischen gesetzlich verpflichtet, z.B. im
Internet einen Qualitätsbericht zu veröffentlichen, aus dem u.a. die Anzahl der durchgeführten
Operationen hervorgeht, ebenso die Häufigkeit der zugehörigen Komplikationen. Auch sind
inzwischen viele Krankenhäuser zertifiziert. Zudem haben die Krankenkassen die Möglichkeit,
unwirtschaftlich arbeitenden und qualitativ schlechten Krankenhäusern die Grundlagen für eine
Regelversorgung zu entziehen. Daher entbehren Bestrebungen einzelner Krankenkassen, ihre
Patienten nur in bestimmten Häusern behandeln zu lassen, einer sachlichen Grundlage und
bergen die Gefahr einer Rationierung mit Wartelisten in sich.
Die FDP setzt sich für den Erhalt des Belegarztsystems ein. Hier wird die angestrebte
integrierte Versorgung in konzentrierter und außerdem wirtschaftlicher Form durchgeführt.
Belegärzte betreuen ihre Patienten ambulant, vorstationär, im Krankenhaus und behandeln sie
dann auch gegebenenfalls anschließend „zu Hause“, sodass der Patient beim Arzt seines
Vertrauens bleiben kann und der behandelnde Arzt seinen Patienten auch wirklich kennt.
6.2 Kinderlärm ist Zukunftsmusik – Thüringengerechte Familienpolitik
Die FDP sichert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer.
Da Frauen auch heute noch die Hauptlast der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit
tragen, ist die Erhöhung der Erwerbsquote von Müttern durch den Ausbau einer
bedarfsgerechten Infrastruktur zur Kinderbetreuung und pädagogisch gut ausgestaltete Angebote
an Tagespflege und Ganztagskindergärten zu ermöglichen.
Freiheit zur Verantwortung heißt in der Familienpolitik, dass es eine gesellschaftliche
Verantwortung gibt, um Misshandlung, Missbrauch, Verwahrlosung und Tod von Kindern nach
besten Kräften zu verhindern. Wer hier allein auf den Staat hofft, unterschlägt, dass die
Kernaufgabe dafür bei den Familien selbst liegt. Dennoch haben Jugendämter, staatliche
Betreuungsstellen, v.a. Kindertagesstätten und Schule eine unterstützende Aufgabe. Eine
Gesellschaft, die das Prinzip Freiheit zur Verantwortung lebt, fordert jeden einzelnen auf, zu
handeln, wenn er in seiner Nachbarschaft feststellt, dass Eltern überfordert sind. Das ist oft
unangenehm. Aber jedes Kind muss es uns wert sein, dass alles getan wird, um es vor
Verwahrlosung und ihren Folgen zu bewahren. Dabei ist Zivilcourage gefragt.
Die sogenannte „Familienoffensive“ der CDU-Regierung ist keine Erfolgsgeschichte. Seit dem
Inkrafttreten haben die Kitas mit erheblichen Personalengpässen sowie mit drastischen
Einsparungen zu kämpfen. Zwischen 2005 und 2007 wurden etwa 600 Vollzeitstellen abgebaut.
Außerdem unterlagen Kindergärten und Kinderkrippen Kürzungen in Höhe von 28 Mio. Euro.
Im Ergebnis haben sich die Arbeitsbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher erheblich
verschlechtert und die Elternbeiträge zur Kinderbetreuung sind angestiegen.
Wir werden hier Änderungen vornehmen, in deren Mittelpunkt die Kindertagesstätten rücken
müssen. Die FDP wird sich im Thüringer Landtag dafür einsetzten, dass Familien bei der
Betreuung wirklich entlastet werden, ohne dabei die Qualität der Kinderbetreuungseinrichtungen
zu senken. Hierzu werden wir ein System mit Betreuungsgutscheinen einführen.
Es muss mehr qualifiziertes Personal, bessere Arbeitsbedingungen und längere Öffnungszeiten
geben. Tagespflege und institutionelle Kinderbetreuung müssen gleichrangig in die staatliche
Förderung einbezogen werden. Unser langfristiges Ziel sind gebührenfreie Kindertagesplätze.
Die FDP Thüringen setzt sich für die Einführung des Familienwahlrechtes bei der Kommunalund
Landtagswahl ein.
6.3 Gleichstellung
Die liberale Bürgergesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass Frauen und Männer frei,
selbstverantwortlich und gleichberechtigt ihr Leben gestalten können. Die Bedürfnisse von
Frauen und Männern, ihre spezifischen Ausgangsbedingungen sind also gleichermaßen zu
erfassen und in politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen umzusetzen, die beiden
Geschlechtern gleiche Chancen eröffnen.
Gerade in Thüringen ist die Abwanderung junger und hochqualifizierter Frauen hoch. Dies
liegt in erster Linie an fehlenden Perspektiven vor allem beim Berufseinstieg. Auch in
Führungspositionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. In Krisensituationen kommt es
aber darauf an, das gesamte gesellschaftliche Potenzial für die notwendigen Veränderungen zu
aktivieren. Deshalb sind Frauen auf ihrem Weg durch Hierarchien und Netzwerke zu
unterstützen.
- Frauen, die sich vorwiegend familiär und gesellschaftlich engagiert haben, dürfen nicht in
Altersarmut fallen.
- Frauen und Männer sind bei gleichwertiger Arbeit auch in gleicher Höhe zu entlohnen.
- Bei Gewalt gegen Frauen wird dem Ausbau des Opferschutzes und der Opferbetreuung
Vorrang eingeräumt vor dem der Täterberatung. Das vorhandene Netz von
Frauenhäusern und Frauenzentren ist ausreichend personell und finanziell abzusichern,
um qualitativ hohe Beratungs- und Betreuungsleistungen erbringen zu können.
6.4 Förderung des Ehrenamts
Liberale Politik setzt sich für die Stärkung des selbstbestimmten und selbstverantwortlichen
Engagements von Bürgerinnen und Bürgern ein. Möglichst flächendeckend lokale Strukturen
aufzubauen, die freiwilliges Engagement und eine aktive Bürgergesellschaft fördern, ist ein
erklärtes Ziel der Thüringer FDP.
Ehrenamt ist gelebte Verantwortungskultur, denn die Gestaltung von Demokratie und
Gesellschaft wird nicht allein durch die Politik gewährleistet. Sie gelingt dort, wo Menschen sich
für die eigenen Bedürfnisse und die anderer engagieren, sich organisieren und vor Ort ihren
Lebensraum mitgestalten.
In einer großen Vielzahl von Situationen ist bürgerschaftliches Engagement effektiver und
effizienter in seiner Wirkung als staatliche Aktivitäten. Bürgerschaftliches Engagement findet
seine Adressaten leichter als staatliches Handeln und ist in seinen Wirkungen unmittelbarer.
Bürgerschaftliches Engagement ist ein umfassendes gesellschaftspolitisches Konzept und eine
tragende Säule des Gemeinwesens. Deshalb braucht bürgerschaftliches, ehrenamtliches
Engagement langfristige und nachhaltige Unterstützung.
Viele gesellschaftliche Aufgabenbereiche funktionieren in Thüringen nur deswegen, weil
sich fast ein Drittel der Thüringer Bürger ehrenamtlich engagiert. Ohne Ehrenamt wäre es
um Brandschutz, Rettungsdienste, Kultur, Sport, politische Mitbestimmung, Jugend- und
Sozialarbeit und viele andere Bereiche schlecht bestellt. Dennoch hat Thüringen eine tendenziell
geringere Engagementquote als andere Bundesländer. Die FDP steht dafür, die Wertschätzung
ehrenamtlichen Engagements deutlich zu erhöhen. Das bedeutet nicht, ehrenamtliche Tätigkeit
zu bezahlen, es bedeutet vor allem, sie leichter zu ermöglichen und bei Bedarf abzusichern.
6.5 Thüringengerechte Seniorenpolitik
Den Kern der liberalen Seniorenpolitik bildet die Erhaltung der persönlichen Freiheit und
Selbstbestimmung im Alter. Gerade im Alter ist finanzielle Sicherheit durch eine angemessene
Rente Voraussetzung für persönliche Freiheit. Nur wer sozial abgesichert ist, einen wirksamen
Schutz im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit hat, der hat die Freiheit, sich auch am
gesellschaftlichen Leben zu beteiligen.
Niemand kann die Augen davor verschließen, dass unsere Gesellschaft älter wird und die
Bevölkerungszahl abnimmt. Ohne die aktive Mitwirkung der älteren Generation sind die
anstehenden Aufgaben nicht zu bewältigen. Die verantwortliche Mitarbeit der erfahrenen
Generation steht für uns im Vordergrund. Besonders die Kommunalpolitik braucht die
Teilnahme und Erfahrung der Senioren.
Ihre Lebensweisheit, ihr Engagement im gesellschaftlichen Leben, wie zum Beispiel als
ehrenamtliche Mitarbeiter in Gemeinde oder Stadträten ist notwendig, um richtige Politik für die
Bürger zu machen. Eine Thüringengerechte Seniorenpolitik dient nicht nur der wachsenden Zahl
der Senioren in Thüringen, sondern auch – und das mit zunehmender Wichtigkeit – der
gesamten Gesellschaft.
Nur wenn die Generationen miteinander leben und füreinander Verantwortung zeigen, wird das
ländlich geprägte Thüringen seine Attraktivität als Lebensmittelpunkt für Familien behalten.
Für die FDP Thüringen bedeutet eine Thüringengerechte Seniorenpolitik:
- Gleiches Rentenrecht in Ost und West,
- erworbene Rentenansprüche wie die Zusatzrente für die technischen Berufe müssen
entsprechend gewertet werden,
- die Möglichkeit zur Flexibilisierung der Renten, um im Alter den gewünschten Wohlstand
zu haben,
- flexiblerer Übergang vom Arbeitsleben in die Rente,
- im Falle der Pflegebedürftigkeit passgenaue ambulante Pflegeangebote, die möglichst
lange ein Verbleiben in der häuslichen Umgebung erlauben und
- eine ausreichende kommunale Infrastruktur.
Um auch den späteren Generationen die Möglichkeit auf eine Rentenzahlung im Alter zu geben,
ist eine allmähliche Umstrukturierung der Rente von Umlagefinanzierung auf kapitalgedeckte
Finanzierung nötig. Die umlagenfinanzierte Rente wird in der Zukunft nur noch eine
Basissicherung für das Alter darstellen. Private Vorsorge ist heute schon wichtig und wird in den
nächsten Jahren immer mehr in den Vordergrund der Altersvorsorge rücken.
Für die Thüringer Senioren von heute muss die Rente trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten des
Landes zumindest immer so angeglichen werden, dass die Inflation nicht zum Lebensproblem
der älteren Bürger wird.

7 Kommunale Selbstverwaltung
Für die FDP sind die Thüringer Kommunen vor allem Heimat ihrer Bürgerinnen und Bürger
sowie Basis der demokratischen Kultur. Starke Kommunen sind das Ergebnis der aktiven
Mitbestimmung selbstbewusster Bürger und eigenständiger Verwaltung.
Die kommunale Selbstverwaltung wird jedoch immer mehr zur Farce.
Mehrfach wurden die Zuweisungen des Kommunalen Finanzausgleichs massiv gekürzt.
Gleichzeitig wurden zahlreiche Aufgaben (und damit Ausgaben) auf die Kommunen abgewälzt
und abgeschoben. In der Folge können Thüringer Kommunen immer weniger frei entscheiden.
Hinzu kommt, dass das Land beim „Bürokratieabbau von oben“ einen Verschiebebahnhof
von Vorschriften, Verantwortlichkeiten und Beamten herbeiführt, anstatt mit einem radikalen
Abbau von Gesetzen und mit einer klaren, verständlichen und einfachen Neuordnung von
Verwaltungsprozessen Bürger und Unternehmen, Städte, Gemeinden und Landkreise von
Bürokratie zu entlasten. Unhandliche Fördermittelprogramme, antiquierte Vorschriften und
starre Regelungen behindern den effizienten Einsatz der knappen Mittel. Die Folgen sind immer
noch erhebliche Defizite in der kommunalen Infrastruktur, fehlende Aufträge für die
Bauwirtschaft, Abwanderung bei zugleich dramatischer demographischer Entwicklung und der
Niedergang der Mittelschicht.
7.1 Für Thüringengerechte Kommunen
Die Freien Demokraten stehen für die Durchsetzung schlanker, effizienter und bürgernaher
Kommunalverwaltungen als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger. Dabei sind sich die
Liberalen bewusst, dass Effizienz sich nicht vorrangig aus der Größe einer Verwaltung ableiten
lässt. Große, starre Strukturen können im Einzelfall eher behindern als etwas bewirken. Deshalb
setzt die Thüringer FDP auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung. Die Menschen vor Ort
wissen am besten, was sie brauchen. Wenn Gemeinden oder Kreise sich zusammenschließen
wollen, steht die FDP dem offen gegenüber. Anstatt auf Zwangsvereinigungen setzen wir auf die
interkommunale Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften. Nichts spricht dagegen, wenn
Gebietskörperschaften gemeinsame Verwaltungen oder Behörden betreiben.
Mit Zwang vitale, lebensfähige Gemeinden gegen ihren Willen anderen Gemeinden
zuzuschlagen, entspricht nicht der liberalen Auffassung von kommunaler Selbstverwaltung.
Die FDP bekennt sich zum Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, was auf unterer Ebene entschieden
werden kann, soll auch dort entschieden werden. Die Einflussnahme des Freistaates Thüringen
wie auch von Bund und EU auf die Thüringer Kommunen hat sich auf ein notwendiges
Mindestmaß zu beschränken.
Im Zeitalter der elektronischen Kommunikation können Verwaltungen viel effizienter als bisher
kooperieren, aber vor allem auch den Bürgerinnen und Bürgern als Dienstleister zur Verfügung
stehen. Deshalb setzt sich die FDP dafür ein, dass in Kommunalverwaltungen zügig die
Voraussetzungen geschaffen werden, möglichst viele Verwaltungsvorgänge auf
elektronischem Weg abwickeln zu können. So werden alle Bürger entlastet, vor allem aber jene,
die aus beruflichen Gründen nicht ohne Probleme während der Öffnungszeiten in den
Verwaltungen vorsprechen können. Persönliche Ansprechpartner müssen jedoch zur Verfügung
stehen, gerade für ältere Menschen, denen der Umgang mit den neuen Medien gelegentlich
schwer fällt.
Die FDP setzt sich für die Einführung der „leichteren (verständlicheren) Sprache“ in Formularen
und Schreiben der Verwaltung ein.
7.2 Freiwillige Feuerwehren
Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren setzen ihre Gesundheit und oft auch ihr Leben für
die Sicherheit der Bevölkerung ein. Dieses Engagement kann man nicht hoch genug schätzen.
Die FDP wirbt deshalb für eine zielstrebige Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren und die
Anerkennung der besonderen Rolle des ehrenamtlichen Engagements im Brand- und
Katastrophenschutz.
Die FDP spricht sich dafür aus, Kommunen zu einer anteiligen Altersvorsorge für
Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr zu verpflichten. Dafür muss das Land
die finanziellen Voraussetzungen schaffen. Die Abwanderung vor allem junger Leute erschwert
die Nachwuchssicherung der Freiwilligen Feuerwehren. Wichtigster Beitrag zur Abhilfe ist, durch
liberale Wirtschaftskonzepte für Arbeit vor Ort zu sorgen und damit der Abwanderung entgegen
zu wirken. Darüber hinaus muss aber die Akzeptanz in Unternehmen für das Engagement von
Mitarbeitern in der Freiwilligen Feuerwehr gestärkt werden.
Die vorgeschriebenen Anfahrzeiten für die Feuerwehr zum Einsatzort sind an die der übrigen
Rettungsfahrzeuge anzupassen.
7.3 Kommunale Finanzen
Die Thüringer Verfassung verpflichtet das Land dafür zu sorgen, dass die kommunalen Träger
der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können. Somit kann und darf die finanzielle
Ausstattung der Thüringer Kommunen weder Spielball der arroganten Machtausübung einer
Alleinregierung noch der Willkür von Taschenspielertricks unterworfen sein. Anstatt die
Kommunen weiter in ihrer Handlungsfähigkeit zu beschneiden, muss der Freistaat nachhaltig den
eigenen Verwaltungsapparat auf seine Kernaufgaben beschränken und durch schlanke
Verwaltungsstrukturen im Einklang mit grundlegendem Bürokratieabbau die erforderlichen
Mittel freisetzen für effiziente, bürgernahe kommunale Selbstverwaltung vor Ort. Die
Lebensfähigkeit der Thüringer Landkreise, Städte und Gemeinden ist die Basis für die
Demokratie in unserem Land.
Die FDP Thüringen setzt sich ein für die grundlegende Neuordnung der kommunalen
Einnahmen auf Bundesebene und die Fortschreibung der liberalen Gemeindefinanzreform.
Anstatt von den höchst unsicheren Gewerbesteuern abhängig zu sein, schlägt die FDP als
Instrument zur Stärkung der kommunalen Finanzautonomie und der Selbstverwaltung der
Gemeinden die Einführung einer Kommunalsteuer vor, die als prozentualer Zuschlag auf die
Einkommen- und auf die Körperschaftsteuer ausgestaltet wird. So entsteht zwischen den
Gemeinden Wettbewerb.
Die kommunale Gemeindefinanzreform der FDP schafft die Voraussetzung für einfache,
gerechte und niedrige Steuern bei zugleich zuverlässigeren Einnahmen für die Kommunen.
Gegenwärtig schreibt die Thüringer Kommunalordnung den Städten und Gemeinden eine feste
Reihenfolge der Einnahmen vor. Damit werden auch wirtschaftlich starke Gemeinden,
gezwungen, ihren Bürgern z. B. Straßenausbaubeiträge abzuverlangen. Die Liberalen wollen es
den Gemeinden selbst überlassen, ob sie Beiträge erheben wollen. Das stärkt die
Selbstverwaltung und den Wettbewerb der Gemeinden. Generell setzen sich die Liberalen dafür
ein, dass durch Beiträge keine unangemessene Belastung von Grundstücken entstehen darf.
„Kalte Enteignung“ durch unangemessene Beiträge darf es nicht geben! Eigentum verpflichtet,
muss aber auch vor staatlicher Willkür geschützt werden. Sollen Beiträge erhoben werden, so
sind die Betroffenen spätestens ein Jahr zuvor unter Schätzung des voraussichtlich zu
erwartenden Betrags zu informieren. Darüber hinaus soll künftig der Entwurf öffentlicher
Baumaßnahmen, die beitragspflichtig sind, spätestens am Ende der Entwurfsplanung im Rahmen
einer öffentlichen Anhörung Betroffener erörtert werden.
Die FDP setzt sich für die Fortführung des Zinsbeihilfeprogramms ein. Man darf weder die
betroffenen Bürger, noch die kommunalen Aufgabenträger, die ihre Aufgaben oft ehrenamtlich
wahrnehmen, im Regen stehen lassen.
„Wer bestellt, zahlt die Musik.“, sagt ein altes Sprichwort. In der Politik heißt das
Konnexitätsprinzip. Doch leider ist es nur allzu oft so, dass Politiker und Beamte auf
europäischer, aber auch Bundes- und Landesebene Entscheidungen treffen, die für Städte und
Gemeinden mit erheblichen Kosten verbunden sind. Dafür, dass das anders wird, setzen sich die
Liberalen ein.
Eine leistungsfähige und intakte kommunale Infrastruktur ist Voraussetzung für die
wirtschaftliche Entwicklung von Städten und Gemeinden. Sie gehört zur Lebensqualität, ist vor
allem aber die Grundbedingung, damit Kommunen Wirtschaftsstandort sein können. Deshalb
fordern die Liberalen die konsequente Weiterentwicklung der Verkehrswege, der Ver– und
Entsorgungsnetze, aber auch vor allem der Kommunikationsnetze. Gewerbegebiete ohne
Anschluss an Breitbandnetze sind nicht mehr zeitgemäß. Das Land ist gefordert, alles zu tun, um
eine moderne Infrastruktur in den Städten und Gemeinden zu ermöglichen, damit Thüringen im
internationalen Standortwettbewerb bestehen kann.
Grundsätzlich setzt sich die FDP dafür ein, dass kommunale Einrichtungen, Eigenbetriebe,
Zweckverbände, sowie privatwirtschaftlich organisierte Betriebe in mehrheitlich öffentlicher
Hand im Regelfall nicht in Wettbewerb gegen die private Wirtschaft treten.
Das bedeutet jedoch nicht Privatisierung um jeden Preis. Vorhaben in Öffentlich-Privater
Partnerschaft (ÖPP), auch Public Private Partnership (PPP) genannt, auszuführen, kann im
Einzelfall eine sinnvolle Alternative darstellen. Wichtig ist, dass tatsächlich die Vorteile im
konkreten Fall auf Dauer überwiegen.
Die CDU-Landesregierung hat mit der Vergabe-Mittelstandsrichtlinie dafür gesorgt, dass in
Thüringen für die Ausschreibung teilweise niedrigere Schwellenwerte gelten als etwa in Bayern.
Diese Schwellenwerte wurden nur vorübergehend im Zuge des so genannten
Konjunkturpaketes angehoben. Nach dem 31.10.2010 muss dann wieder eine Thüringer
Gemeinde zum Beispiel jeden Straßenbau öffentlich ausschreiben, der voraussichtlich mehr als
100.000 Euro kostet. In Bayern können hingegen Straßenbauvorhaben nach bisherigem Recht bis
zu 300.000 Euro beschränkt ausgeschrieben werden.
Diese krasse Benachteiligung thüringischer Gemeinden und Unternehmen wird die FDP
abschaffen. Sie setzt sich deshalb dafür ein, dass in Thüringen künftig bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge mindestens die gleichen Schwellenwerte gelten wie in Bayern. Liberale
Kommunalpolitiker wissen, dass funktionierende regionale Wirtschaftskreisläufe eine
Grundvoraussetzung dafür sind, dass die Menschen zu Hause eine angemessene Arbeit finden
können. Das ist auch der Grund, warum sich die FDP im Thüringer Landtag für die Stärkung
sowohl regionaler Wirtschaftskreisläufe als auch kommunaler Eigenverantwortung einsetzen
wird.
In der derzeitigen Vergabepraxis werden oftmals überzogene Auswahlkriterien festgelegt, die
Existenzgründern, kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu öffentlichen
Aufträgen unnötig erschweren. Wenn zum Beispiel regelmäßig gefordert wird, dass ein Bieter
bereits gleichartige Aufträge ausgeführt haben muss, haben Existenzgründer keine Chance, und
öffentliche Auftraggeber verhindern die Entwicklung von Kompetenzen in der einheimischen
mittelständischen Wirtschaft. Deshalb setzen sich die Liberalen dafür ein, dass künftig im
Regelfall die erforderliche Fachkunde und die fachliche Eignung des Bieters als Auswahlkriterium
genügen. Weiter gehende, erschwerende Zugangskriterien zu öffentlichen Aufträgen sollen nur in
stichhaltig zu begründenden Ausnahmefällen zulässig sein, wenn andernfalls etwa die
Gefährdung der Sicherheit von Leib und Leben zu befürchten ist.
Thüringer Städte, Gemeinden und Landkreise müssen ebenso wie der Freistaat ein vitales
Interesse daran haben, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen eine faire Chance
erhalten und so weiter zur Entwicklung einer bunten, vielfältigen Wirtschaftsstruktur in den
Kommunen beitragen können.
Die Städtebauförderung ist ein wichtiges Instrument zur Wahrung der Thüringer Kultur und
zur Entwicklung der Thüringer Städte. Bislang konnten viele Städtebaumittel für private
Bauvorhaben nicht abgerufen werden, da die erforderlichen Drittmittel durch die Städte nicht
aufgebracht werden konnten. Wertvolle Bausubstanz ist dadurch gefährdet, zugleich entgehen
vor allem regionalen, kleinen und mittelständischen Bauunternehmen wichtige Aufträge. Es ist zu
erwarten, dass in Kürze auch die Städtebaufördermittel drastisch zurückgehen werden. Trotz
grundsätzlich kritischer Bewertung von Subventionierungen setzt sich die Thüringer FDP dafür
ein, dass zumindest zeitlich befristet die Freigabe der Städtebaufördermittel für private Vorhaben
auch dann möglich sein soll, wenn der kommunale Anteil durch Dritte erbracht wird.

8 Umwelt- und Naturschutz
Umweltschutz und mit ihm der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen ist für
Liberale von herausragender Bedeutung. Dabei sind die Freien Demokraten der festen
Überzeugung, dass Umweltschutz am besten mit den Menschen zu erreichen ist anstatt gegen sie.
Motivieren statt gängeln ist Erfolg versprechender für die Umwelt, als eine Politik
besserwisserischer Verbote und Vorschriften. Freiwillig praktizierter Umwelt- und Naturschutz
garantiert auch unseren Kindern und Enkeln in einer lebenswerten Umwelt leben zu können.
Liberaler Umwelt- und Naturschutz ist daher nachhaltig und sorgt sich um den Erhalt gesunder
Lebensbedingungen für Menschen ebenso wie für Flora und Fauna. Aber: Liberale
Umweltpolitik ist rational, nicht emotional. Umweltschutz muss wissensbasiert und
realitätsorientiert, nicht einseitig ideologisch verblendet umgesetzt werden. Liberale
Umweltpolitik erschöpft sich nicht in teurer Umweltsymbolik und Zwangsmaßnahmen zu Lasten
der Bürger und Steuerzahler.
Investitionen in Klimaschutz sind besonders sinnvoll, wo Bürger und Unternehmen nicht nur
einseitig belastet werden, sondern der Schutz auch einen Mehrwert erbringt. Alternative
Energieerzeugung ist da sinnvoll, wo sie nicht dauerhaft erheblich subventioniert werden muss.
Die Forderung nach Energieeffizienz ist da angebracht, wo sie von der Mehrheit der Bürger
bezahlbar ist und sich vor allem bezahlt macht.
Das Klima in Thüringen hat sich laut den Untersuchungen der Thüringer Landesanstalt für
Umwelt und Geologie in den letzten 50 Jahren bereits kontinuierlich erwärmt. Gleichzeitig
erhöhte sich im Thüringer Wald die Niederschlagsmenge um 15-20 Prozent während sie im
Thüringer Becken um ca. 10-20 Prozent gesunken ist. Die Erhöhung der Niederschlagsmengen
konzentriert sich auf einzelne Regionen, damit steigt dort die Hochwassergefahr.
Daraus ergeben sich die folgenden Forderungen:
- Die aktuelle Übertragung von Umweltaufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte
darf den Hochwasserschutz für die Bürger des Landes nicht beeinträchtigen. Die für den
Hochwasserschutz und die Gefahrenabwehr notwendigen Verwaltungseinrichtungen und
finanziellen Mittel sind bereitzustellen.
- Maßnahmen zur Gewässerrenaturierung/Gewässerentwicklung sind immer auch unter
den Gesichtspunkten eines zu verbessernden Hochwasserschutzes zu betrachten.
- Es bedarf verstärkter Anstrengungen zur Erhaltung, Reaktivierung bzw. Neuschaffung
von Rückhalteräumen in den Hochwasserentstehungsgebieten des Thüringer Waldes, des
Schiefergebirges und des Süd-Harzes. Das Volumen der tatsächlichen Retentionsräume in
den Hochwasserabflussgebieten des Thüringer Beckens ist zu erhöhen.
Kommunaler Hochwasserschutz soll vor allem durch Kombination von Abflussvermeidung
(Entsiegelung, intelligente Regenwasserbewirtschaftung, Gewinnung und Schutz natürlicher
Retensionsflächen, Gewässerrenaturierung) mit weiterem Ausbau von
Hochwasserschutzmaßnahmen fortgeschrieben werden.
Angesichts der Klimaveränderungen bedarf es eines integrativen Ansatzes der Landespolitik, um
den Klimaschutz zu verbessern. Neben den Maßnahmen in der Forst- und Landwirtschaft gilt es
u.a. das Aufkommen an Treibhausgasen weiter zu vermindern. Dies darf jedoch nicht zu mehr
Bürokratie und kontraproduktiven Ergebnissen führen.
In Thüringen muss alternative und CO2-sparende Technik zur Energieerzeugung durch
Windkraft, Wasserkraft, Sonnenenergienutzung, Erdwärme und Wärmetauscher weiter verbessert
und parallel dazu sämtliche sinnvollen Möglichkeiten zur Energieeinsparung und zum Ersatz von
fossilen Brennstoffen genutzt werden.
Energieeffizienz ist die wichtigste Klimaschutz-Technologie. Die Potenziale liegen vor allem in
der richtigen Wärmedämmung von Gebäuden und bei der Modernisierung der Heizanlagen,
beim Kraftstoffverbrauch von Automobilen und bei Haushaltsgeräten. Statt dirigistischer
Verbote und Vorschriften ist marktwirtschaftlichen Instrumenten und besserer
Verbraucherinformation klar der Vorzug zu geben.
Die Potenziale der erneuerbaren Energien sind vor allem bei Wärme und Verkehr noch längst
nicht ausgeschöpft. Zudem muss die Stärke gerade Thüringens auf dem Gebiet der
Solarindustrie für den Klimaschutz eingesetzt werden.
Zur Unterstützung der Familien mit Kindern und als umweltpolitischer Anreiz spricht sich die
FDP Thüringen auch für die Einführung eines ökologischen Baukindergeldes für
energiesparende Bauweise neuer oder die Nachrüstung bestehender Gebäude unter dem
Gesichtspunkt des Energiesparens im Sinne der Energieeinsparverordnung aus.
Die Thüringer Liberalen setzen sich, angesichts der stetig wachsenden Zahl von
Müllverbrennungsanlagen bzw. Anlagen zur Gewinnung von Energie aus der thermischen
Verwertung von Abfällen, für eine länderübergreifende Koordinierung der Raumordnungs- und
Flächennutzungsplanung sowie einer deutlichen Intensivierung der Prüfungen im Rahmen der
notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) ein.
Die Sanierung und Belebung der Innenstädte und Ortskerne hat für die FDP klaren Vorrang vor
der weiteren Zersiedlung von Grünräumen. Bauen auf der grünen Wiese soll künftig nur noch
die Ausnahme sein, wenn anders eine angemessene bauliche und wirtschaftliche Entwicklung der
jeweiligen Gemeinde nicht sichergestellt werden kann.
Der Schutz des Landschaftsbildes ist auf Grund der zunehmenden Inanspruchnahme der
offenen Landschaft durch großtechnische Einrichtungen wie Hochspannungsleitungen,
Windkraftanlagen und Sendemasten zu stärken, um den Charakter der Thüringer Landschaften
nicht unnötig zu verunstalten.
Die Wahrnehmung des Naturschutzes leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der
landschaftlichen und biologischen Vielfalt und Schönheit unseres Landes. Das vorhandene Netz
an Flächen die dem vielfach abgestuften Schutzmechanismen des Naturschutzrechtes unterliegen
ist im Hinblick auf seine Dauerhaftigkeit zu pflegen und zu entwickeln. Ein zuviel an
konservatorischem Naturschutz zu Lasten anderer Nutzungsformen von Natur und Landschaft
lehnen die Liberalen jedoch ab.
Die FDP fordert zielstrebig vor allem die Mittel aus der Abwasserabgabe entsprechend den
Bestimmungen des Abwasserabgabengesetzes dafür einzusetzen, dass die dringend nötigen
Investitionen für die zeitgemäße kommunale Abwasserbehandlung sowie die Sanierung von
Kanalisationen voran getrieben werden.
Am 4.2.2009 haben die hessische Kali + Salz AG sowie die CDU-Landesregierungen von Hessen
und Thüringen eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung über einen Gesamtrahmen für eine
nachhaltige Kaliproduktion in Hessen und Thüringen geschlossen. Den zuvor einberufenen
Runden Tisch mit Bürgern aller langjährig beteiligten Bürgerinitiativen und Bürgermeistern der
Region zur Umweltproblematik durch die Fördermethoden der Kali+Salz AG ließ man dabei
außen vor. Gezielt wurden alle getäuscht, die bis dahin trotz Protesten und erheblichen
Umweltbelastungen durch K+S seit vielen Jahren noch guten Willens waren. Ihre Anliegen
blieben ohne Beachtung, der Runde Tisch entpuppte sich als Täuschungsmanöver beider
Landesregierungen in Absprache mit dem Großkonzern. Kali+Salz hat schon beim
klammheimlichen Ausverkauf der Mitteldeutschen Gruben nach der Wende gezeigt, was der
Konzern unter Bürgernähe versteht.
K+S hat sich in diesem Vertrag verpflichtet eine Gesamtstrategie zur Verminderung der
Umweltbelastungen sowie ein integriertes Maßnahmekonzept zu entwickeln um langfristig
Planungs- und Investitionssicherheit zu erlangen. Konkrete Ziele und Endzustände künftiger
Umweltbelastungen werden nicht genannt. Die Thüringer Liberalen werden auf zeitnahe und
rechtskonforme Lösungen, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen der europäischen
Wasserrahmenrichtlinie fordern.

9 Staat, Verwaltung und Justiz
9.1 Thüringengerechte Innenpolitik
Sicherheit in Freiheit ist die liberale Grundüberzeugung für eine konsequente Innen- und
Rechtspolitik. Das notwendige Vorgehen des Staates gegen Kriminalität und Terrorismus muss
sich immer an den Grund- und Freiheitsrechten messen lassen. Eine Sicherheitspolitik zu
Lasten der Freiheit stärkt das Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat. Bürger
dürfen nicht unter Pauschalverdacht gestellt werden. Die Innenpolitik auf Bundes- und
Landesebene hat diese Grundsätze in den letzten Jahren immer wieder verletzt. Die Ängste der
Bürgerinnen und Bürger vor Kriminalität und Terrorismus werden häufig instrumentalisiert. Dies
führte zu einem beispiellosen Gesetzgebungsaktionismus, der sogar in unverhältnismäßigen und
häufig verfassungswidrigen Eingriffen in die Grundrechte der Bürger gipfelte. Der Rechtsstaat
hat die selbstverständliche Pflicht, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Für die FDP bedeutet
dies vor allem, bestehende Gesetze konsequent anzuwenden und Sicherheitsbehörden
angemessen auszustatten.
Wir sind für die Ausschöpfung bestehender Gesetze. Der Überbietungswettbewerb bei der
Verschärfung von Gesetzen hilft nicht, wenn schon bereits die derzeitige Rechtslage nicht
ausgeschöpft wird.
Es muss endlich wieder der Grundsatz gelten, dass polizeiliche Maßnahmen an konkrete
Verdachtsmomente anknüpfen, wie es der klassischen Tradition des Polizeirechts unter Geltung
des Grundgesetzes entspricht. Abstrakte Verdachtslagen rechtfertigen keine Eingriffe in die
Bürgerrechte.
Die FDP Thüringen kritisiert massiv, dass die Bundesregierung mit Zustimmung der Thüringer
Landesregierung im Bundesrat verfassungswidrige Gesetze erließ. Mittlerweile muss das
Bundesverfassungsgericht Bürgerrechte verteidigen. Dies war u.a. bei den Entscheidungen zur
präventiven Telefonüberwachung, der Rasterfahndung, dem Lauschangriff, der heimlichen
Online-Razzia privater PC oder beim KFZ-Scanning der Fall.
Die FDP fordert daher eine umfassende Evaluierung aller Sicherheitsgesetze sowie eine
Korrektur von unverhältnismäßigen Einschränkungen von Bürgerrechten.
Thüringen braucht eine handlungsfähige Polizei. Wir brauchen eine Polizei, die dem
Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und der Gefährdungslage angemessen entspricht.
Polizisten hinter Schreibmaschinen und Blitzgeräten festzuhalten, weil ausufernde Bürokratie
bearbeitet und leere Kassen gefüllt werden müssen, halten wir für falsch. Wir wollen eine
bürgerfreundliche aber selbstbewusste Polizei.
Dazu gehört, dass sich die Polizei auf Kernaufgaben konzentriert und nicht stets mit neuen
Aufgaben belastet wird:
- Mehr Polizei auf der Straße: Voraussetzung dafür ist es, Polizeipräsenz und -aufklärung
zu dezentralisieren und Polizeiverwaltung zu zentralisieren.
- Überlegungen zu grundsätzlicher Videoüberwachung lehnen wir ab. Wir erkennen aber
auch, dass Ausnahmen an bestimmten öffentlichen Gefährdungsräumen bestehen
können. Hier ist der jeweilige konkrete Fall zu prüfen.
- Einführung des Digitalfunks zur Verbesserung der Zusammenarbeit der
Polizeidienststellen untereinander und mit ausländischen Dienststellen.
Die FDP ist grundsätzlich die Partei der Toleranz auch gegenüber Andersdenkenden.
Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das in der Aufklärung gegen Ständestaat und Kirche
erkämpft wurde und weder durch staatliche Gleichschaltung und Gesinnungspolizei verboten
noch durch private Intoleranz rechtsstaatswidrig bekämpft werden darf. Die FDP Thüringen ist
deshalb für Klarheit und Augenmaß, auch bei der Abgrenzung von Meinungsfreiheit zu
verfassungsfeindlicher Agitation.
Wenn die geäußerte Meinung bestehende Strafgesetze oder rechtskräftige
Unterlassungsansprüche verletzt oder öffentlich zum Kampf gegen die verfassungsmäßige
Ordnung aufruft, ist die Toleranzgrenze überschritten und ein angemessenes Eingreifen des
Staates erforderlich, aber auch zwingend geboten.
Friedlicher Protest gegen Staatsfeinde ist Bürgerrecht und Bürgerpflicht
Das Recht zu Gegendemonstration rechtfertigt grundsätzlich nicht privates gewaltsames
Einschreiten gegen eine genehmigte Demonstration, schon gar nicht gegen Polizeibeamte.
Widerstand gegen den Staat ist nur dort gerechtfertigt, wo der Staat gegen die verfassungsmäßige
Ordnung verstößt. Widerstand gegen Private ist nur dort gerechtfertigt, wo der Staat die
notwendige Hilfe verweigert oder nicht präsent ist.
Vor diesem Hintergrund sind die Aktivitäten von Links- und Rechtsextremisten, aber auch
anderer gewaltbereiter Gruppen von Autonomen, Spontis, Fußballrowdys, Skinheads,
Kameradschaften, gewaltbereiter Demonstranten jeder Couleur zu bewerten.
Soweit Gewalt staatlicherseits unterbunden werden muss, ist hierbei mit Nulltoleranz gegen
gewaltbereite Störer vorzugehen.
Die FDP ist die einzige Partei der Mitte. Die FDP Thüringen wendet sich ganz entschieden
dagegen, dass Rechts- oder Linksextremisten sich verharmlosend als Rechte oder Linke
bezeichnen. Noch gefährlicher wird diese Begriffsverschiebung extremistischen Gedankenguts,
wenn sie von den Demokraten selbst übernommen wird und bereits der Begriff Links oder
Rechts als verfassungsfeindlich stigmatisiert wird. Damit wird ein Boden geistiger Intoleranz
bereitet.
Die FDP mahnt zur Gemeinsamkeit aller Demokraten gegen die Feinde der Demokratie, d.h.
gegen Links- und Rechtsextremisten. Zum wehrhaften Staat gehört auch Wachsamkeit und
Objektivität.
Die FDP Thüringen schaut genau hin, wo politisch motivierte Gewalttaten verübt werden. Dabei
weiß sie aber auch zu trennen zwischen rein kriminellen Handlungen und politisch motivierten
Straftaten und warnt vor übereilter und oft falscher Bewertung in der Öffentlichkeit.
Die FDP Thüringen lehnt eine Verschärfung des Versammlungsrechts ab. Meinungs- und
Demonstrationsfreiheit sind die Grundsäulen unserer demokratischen Grundordnung. Seine
Meinung unabhängig vom Inhalt kundzutun, bedeutet in unserer gefestigten Demokratie keine
Gefahr für deren Bestand. Die Beschränkung von Grundrechten in einer Demokratie wäre nichts
anderes als Zensur und liefe somit dem eigenen Selbstverständnis zuwider. Das Problem rechter
Aufmärsche lässt sich damit nicht lösen. Der Kampf mit Argumenten und die konsequente
Anwendung des gegenwärtigen Rechts sind adäquatere Maßnahmen gegen rechtsextremistisches
Gedankengut und dessen Propaganda.
9.2 Thüringengerechte Verwaltung
Thüringen braucht weniger Bürokratie und mehr Freiheit. Wir werden die Aufgaben kritisch
prüfen und nicht benötigte Gesetze, Verordnungen und Erlasse außer Kraft setzen. Damit wir
uns in Thüringen auch in Zukunft eine bezahlbare Verwaltung und öffentliche Investitionen
leisten können, müssen wir die Kostentreiber unter den Gesetzen und Vorschriften ausfindig
machen. Die FDP Thüringen wird unverzüglich die Identifizierung von solchen Kostentreibern
innerhalb der Verwaltung vorantreiben. Wir werden die Bürokratiekosten identifizieren und
deren Reduzierung betreiben.
Ziel muss es in diesem Zusammenhang ebenfalls sein, über Länderkooperationen gemeinsame
Aufgaben auch gemeinsam zu lösen. Die FDP steht seit langem für eine intensive
Zusammenarbeit mit den Nachbarländern. Wir stehen auch für eine vorurteilsfreie Diskussion
um eine Länderfusion im Interesse der Region Thüringen.
Die jahrelange Abwanderung und die düsteren Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung stellen
insbesondere die Landkreise vor große Herausforderungen. Durch z. T. drastisch schwindende
Wirtschaftskraft steht die Finanzierbarkeit des öffentlichen Lebens in vielen Landkreisen auf dem
Spiel. Wir werden intensiv prüfen, welche Reformmaßnahmen gerade in Sachen
Kommunalverwaltung und kommunale Aufgabenbewältigung seitens der Landesregierung dieser
Entwicklung entgegenwirken.
9.3 Effektiver Rechtsschutz durch eine starke und unabhängige Justiz
Die Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch eine unabhängige Justiz garantiert den
Rechtsstaat und ist entscheidende Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in einer
Gesellschaft. Sie sichert den verlässlichen Rahmen für Investitionen und andere wirtschaftliche
Betätigungen. Die FDP ist die Partei des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates. Bei
Entschädigungen von Alteigentümern vertritt sie eine Politik „näher am Grundgesetz“. Dabei
kann das bei Mauergrundstücken gewählte Verfahren einen Anhaltspunkt bieten.
Rechtssicherheit bedeutet allerdings auch handlungsfähige Gerichte. Fehlendes Personal führt
oftmals zu langwierigen Prozessen. Der Prozessbeginn – in fast allen Gerichtsbarkeiten – liegt
oftmals Monate nach dem Prozessgrund. In der dazwischen liegenden Phase herrscht oftmals
Unsicherheit bei den Prozessbeteiligten. Bei Straftaten folgt oftmals eben nicht "die Strafe auf
dem Fuße". Bei Arbeitsrechtsstreitigkeiten sind Arbeitnehmer wie Arbeitgeber benachteiligt,
gleiches gilt bei Verwaltungsprozessen für die Rechtssicherheit des Bürgers und der Verwaltung.
Dabei zeigen Prozesse z.B. in Nachbarländern, dass sehr kurze Verfahren möglich sind und bei
schnell gefällten Urteilen Kläger wie Beklagte nicht benachteiligt werden.
In diesem Zusammenhang sind wir für eine Stärkung der außergerichtlichen Streitbeilegung,
insbesondere durch anwaltliche Mediation und Entlastung der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Insbesondere sind die Kostenersparnisse und Synergieeffekte durch Übernahme von
Grundbuchaufgaben und des Scheidungsfolgenrechts durch die bestehenden Notariate zu
prüfen.
Die FDP Thüringen will eine Reform des Gerichtsvollzieherwesens, denn für Bürger und
Unternehmen ist die Ziviljustiz nur dann effektiv, wenn titulierte Forderungen auch schnell und
unbürokratisch durchgesetzt werden können. Wir wollen eine verbesserte Personalausstattung
der Justiz, eine transparente Personalplanung und mehr Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für
Richter. Wir wollen mehr Fachpersonal zur wirksamen Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.
Wir sind ferner für eine Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten, insbesondere die
Eingliederung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die Ordentliche Gerichtsbarkeit, die
Zusammenlegung von Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit und für die vorangehende
Angleichung der Prozessordnungen.
In Thüringen gibt es eine große Zahl von Zwangsversteigerungen. Dabei werden zum Teil
lächerlich geringe Erlöse erzielt. Dies ist gleichermaßen zum Schaden von Schuldnern wie
Gläubigern. Informationen über Versteigerungsobjekte sind nur schwer und umständlich zu
erhalten, die öffentlichen Bekanntmachungen beschränken sich auf das formal notwendige Maß.
Mit einem zentralen Versteigerungsgericht können die Verfahren transparent gemacht und die
Verfahren abgekürzt werden.
Die FDP Thüringen setzt sich für unbürokratische Hilfe für Menschen ein, die Opfer von
Straftaten geworden sind. Die Opfer dürfen nicht mit den Folgen der Straftat allein gelassen
werden. Wir wollen eine verbesserte Information über die bestehenden Gesetze durch
Fortbildung von Polizeibeamten, Staatsanwälten und Richter.